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Archiv-Artikel

„Betrug an den Anwohnern“

Was Bürgeriniativen vor einem Jahr forderten, steht sogar im Planfeststellungsbeschluss von 2002: Der Bau einer Rampe für die A 281. Die Behörde wollte sie heimlich unter den Tisch fallen lassen

Von Klaus Wolschner

Über Wochen schien es ruhig an der Baustelle „A 281“ – die Anwohner der Georg-Wulff-Straße haben sich damit abgefunden, dass ihr Sträßchen zum Autobahnzubringer wurde, die Bürgerinitiativen in Kattenturm warten darauf, dass die Anbindung an die A 1 bei Brinkum per Tunnel kommt – möglichst unterirdisch. Im Dezember gab es unverhofft eine sensationelle Erkenntnis: Der bisher stehende Bauabschnitt „2 / 1“ der A 281 wurde keineswegs so gebaut, wie das im Planfeststellungsbeschluss von 2002 festgelegt wurde.

Ohne öffentliche Debatte und ohne die Deputation oder den Senator zu informieren haben die Planungsbehörden einen entscheidenden Eckstein weggelassen, der für Anwohner und Wirtschaft von größtem Interesse gewesen wäre: Die Anbindung des Teilstückes der A 281 durch eine ampelfreie vierspurige Rampe. Sie war Teil des Planfeststellungsbeschlusses. Der Verkehr sollte stockungsfrei auf den Arster Zubringer fließen.

Gebaut wurde stattdessen eine zweispurige Abfahrt mit Ampel für den Verkehr stadtauswärts und die Autobahnauffahrt über die kleine Georg-Wulff-Straße für den Verkehr, der Richtung GVZ fließen soll. „Ich habe davon im Dezember 2008 erfahren“, sagt zum Beispiel SPD-Fraktionschef Carsten Sieling. Er geht davon aus, dass auch der Bausenator von seinen Behörden nicht voll informiert worden war.

Als Anwohner betroffen ist zum Beispiel der Anwalt und FDP-Politiker Michal Fuchs, der mit seinen Nachbarn zeitweise eine Bürgerinitiative gebildet hatte. Bei ihm am Wohnzimmer vorbei drängen sich seit Monaten ab fünf Uhr morgens die Brummis. Dass trotz rechtsverbindlichen Plans die Rampe nicht gebaut worden ist, sei „ein Betrug an den Anwohnern“, sagt er heute. Als der Planfeststellungsbeschluss auslag und die Öffentlichkeit ihre Einwendungen machte, ging er noch davon aus, dass die Neuenlander Straße vor seinem Haus beruhigt werden soll – und nicht, dass er mehr Verkehrsbelastung bekommen würde.

Norbert Breeger von der Bürgerinitiative erinnert sich, wie in der Diskussion um den „Monsterknoten“, der unweit seines Hauses in dem Planfeststellungsbeschluss für den Bauabschnitt „2 / 2“ steht, per Rechtsgutachten damals am „Runden Tisch“ erklärt wurde: Dass auf ein Element eines Planfeststellungsbeschlusses einfach verzichtet wird, geht überhaupt nicht. Was im Planfeststellungsbeschluss steht, müsse „in einem Zuge“ gebaut werden, ein Verzicht auf einen Teil wäre „unzulässig“. Das Gutachten bezog sich auf die „Querspange“ innerhalb des geplanten Monsterknotens, die die BI verhindern will – mit keinen Wort wurde damals gesagt, dass bei dem fertig gestellten Bauabschnitt sehr wohl auf ein wesentliches Element verzichtet wurde. Breeger: „Sind Planfeststellungsbeschlüsse rechtsverbindlich oder nicht? Die Behörde kann nicht in einen Fall ‚ja‘, in anderen ‚nein‘ sagen“.

Warum die Bürgerinitiativen die Rampe schon lange fordern, liegt auf der Hand: Wenn eine kreuzungsfreie Anbindung des Zubringers Arsten erreicht ist, mindert das den Zeitdruck, den umstrittenen Bauabschnitt 2 / 2 zu bauen. Um ihn zu erhöhen hat die Baubehörde ihrerseits auf die vierspurige Rampe klammheimlich verzichtet.

Der Bauabschnitt 2 / 2, der so mit den Interessenvertretern des Flughafens ausgeknobelt wurde, hat einen weiteren Nebeneffekt: Er würde direkt durch den Garten des Bauern Wähmann führen, der seine Wiesen für die Landebahnerweiterung zur Verfügung stellen musste. Bedingung war damals: Die Landebahnerweiterung wird nur für den Airbus-Werksverkehr genutzt. Würde der Bauer Wähmann durch die Autobahnplanung von dort vertrieben, dann steht einer vollen Erweiterung der Landebahn rechtlich nichts mehr im Wege.

Der grüne Bausenator hält sich auffallend zurück bei dem Thema – droht doch ein neuer Streit mit Wirtschaftssenator Ralf Nagel (SPD). Auffallend ist aber, das die Handelskammer in ihrer Stellungnahme zu dem Thema betont, „der diskutierte Bau einer vierspurigen Rampe“ würde „den Verkehrsfluss des provisorischen Übergangs zur Neuenlander Straße verbessern“. Den schnellen Bau des „Monsterknotens“ fordert die Handelskammer nicht mehr, stattdessen macht sie sich für die beschleunigte Planung der direkten Anbindung an die A 1 stark. Wenn die per Tunnel unter dem Flughafen hindurch führt, wäre die Handelskammer mit den Bürgerinitiativen vollkommen einig – auch das ist eine Überraschung.