Berlin bleibt im Fall Yukos gelassen

Gerichtsvollzieher leiten Vollstreckungsverfahren gegen russischen Ölkonzern Yukos ein. Der Fall wird kein Thema bei deutsch-russischen Gesprächen in Moskau sein

BERLIN dpa ■ Die russischen Justizbehörden haben gestern ein Vollstreckungsverfahren gegen den größten russischen Ölkonzern Yukos eingeleitet. Mit Ablauf des Geschäftstages sei Yukos mit Steuernachzahlungen in Höhe von 99 Milliarden Rubel (2,8 Mrd Euro) in Verzug, teilte das Justizministerium in Moskau mit. Ungeachtet dessen lagen die Yukos-Werte an der Moskauer Börse kurz vor Börsenschluss mit 12,7 Prozent im Plus. Der Markt hoffte auf eine Übertragung der Mehrheitsanteile an den Staat und den Fortbestand des Konzerns.

Nach Einschätzung von Wirtschaftsexperten sind zwei Szenarien möglich: Entweder Gerichtsvollzieher beschlagnahmen nun bei Yukos Technik, Lizenzen und Ölquellen, oder es gibt eine „geregelte Insolvenz“ mit einem Konkursverwalter. Dies gilt als wahrscheinlicher.

Die Bundesregierung reagierte vor der ersten Deutsch-Russischen Wirtschaftskonferenz nach der Wiederwahl von Präsident Wladimir Putin betont gelassen. Regierungssprecher Béla Anda sagte, dass Kanzler Gerhard Schröder (SPD) den Fall Yukos beim Treffen deutscher und russischer Spitzenmanager mit Putin nicht ansprechen werde.

Besorgter ist die deutsche Wirtschaft. Eine Yukos-Pleite wäre „ein Schock für die Märkte“, sagte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Klaus Mangold. Die deutsche Wirtschaft wolle ein transparentes und rechtsstaatliches Verfahren.

Die westlichen Industrieländer kritisierten die Hintergründe des juristischen Vorgehens gegen Yukos. Die OECD bemängelte in ihrem Bericht über die Entwicklung der russischen Wirtschaft eine deutliche Einmischung der Politik. „Die Gerichte sind oftmals der Politik untergeordnet, während die Geheimdienste, die Staatsanwälte und die Polizei höchst politisiert bleiben“, heißt es im OECD-Bericht.