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Archiv-Artikel

PHILIPP MAUSSHARDT über KLATSCH Zack, sitzt man im Sack von Hunzinger

Lernen von Deutschlands bekanntestem PR-Berater: Verkaufe dich, aber so, dass es nicht auffällt. Und das geht so

Das erste und einzige Mal, als mir Moritz Hunzinger seine Hand zum Gruß entgegenstreckte, hatte ich ausgerechnet ein Päckchen mit Sejuan-Pfeffer in der Hand. Und frischen Kardamom. Beides passt vorzüglich zu Wildschweingulasch, doch davon, wenn der Platz noch reicht, am Ende mehr. Ich steckte die Gewürze schnell in die Brusttasche und schüttelte die Hand lange und kräftig. Es war im Flur des baden-württembergischen Landtags und drinnen im Saal sagte gerade ein Ministerialdirigent in der „Flowtex-Affäre“ aus.

Die Zeit konnte man nutzen, um in der Stuttgarter Markthalle Gewürze einzukaufen, oder, was Hunzinger vorzog, auf dem Flur Kontakte zu pflegen. Mir war Hunzinger vom ersten Moment an sympathisch. Er wirkte entspannt und gut gelaunt und wir plauderten ein wenig über Kardamom und Politik und er tat so, als verstünde er etwas vom Kochen. Oder vom Essen. Was ja ungefähr auf dasselbe hinausläuft.

Erst später wurde mir unwohl. Sind nicht alle Hände, die Hunzinger schüttelte, nach einiger Zeit blau angelaufen und abgefault? Scharping, Özdemir, Döring? Ich rieb mich mit Ringelblumensalbe ein. Bisher sind keine Symptome aufgetaucht. Heike Dederer, eine Landtagsabgeordnete der Grünen, ist Hunzingers vorläufig letztes Opfer. Weil der liebe Moritz sie so freundlich darum bat, schickte sie ihm die nicht öffentlichen Protokolle aus dem Untersuchungsausschuss. Und weil bei Hunzinger immer alles herauskommt, kam auch das heraus, und nun ist Frau Dederer nicht mehr Mitglied im Untersuchungsausschuss. So wie Scharping nicht mehr Minister, Özdemir nicht mehr Bundestagsabgeordneter und Döring nicht mehr FDP-Landesvorsitzender ist. Bis hierher habe ich vorausgesetzt, dass Hunzinger alle kennen.

Moritz Hunzinger ist PR-Berater. Er hilft Menschen, bekannt zu werden. Insofern ist er sehr erfolgreich. Seinesgleichen nennen sich auch „Netzwerker“, weil sie Fäden ziehen, in denen sich später alle verfangen. Vorzugsweise trifft Hunzinger seine „Kunden“ zum Mittagessen in einem guten Restaurant. Man redet, man plauscht, bestellt noch einen badischen Grauburgunder und merkt gar nicht, wie sich der Krawattenknoten zuzieht. Zack, sitzt man im Sack von Hunzinger. Gibt man das Wortpaar „Hunzinger“ und „Unglück“ in die Internet-Suchmaschine Google ein, erhält man 71 Einträge. Merkwürdig: „Glück“ in Kombination mit „Hunzinger“ erbringt 828 Nennungen.

Der Mann ist also ein Phänomen. Ein männliches Pendant zu jener sehr verführerischen Pandora, die immer eine Büchse bei sich trug. Wären wir noch länger plaudernd im Flur gestanden, ich wäre seinem Charme vollends erlegen und hätte bestimmt Aktien der Hunzinger AG gekauft oder einen Beratervertrag unterschrieben. Selbst Hans Leyendecker, der letzte Veganer unter den deutschen Journalisten, soll ja auch schon … aber das ist nur ein Gerücht. Ich wäre aber nicht der erste Journalist gewesen, der Hunzinger auf den Leim gegangen wäre. Fliegenleim.

So. Jetzt ist doch noch etwas Platz übrig geblieben für das Wildschweingericht mit Kardamom und Sejuan-Pfeffer. Stern-Anis und Piment sollten auch nicht fehlen. Alles zusammen mit viel Zwiebeln lange anbraten, bis … ach was, besser ich erkläre das Rezept bei einem guten Glas Rotwein im Restaurant. In meinem eigenen Restaurant „La Chioccia“. Das wird am 25. Juli eröffnet und am 7. August wieder geschlossen. Weil ich es satt bin, in dieser ereignisarmen Zeit das Sommerloch zu füllen, fülle ich lieber Mägen. Letztes Jahr in Südfrankreich, dieses Jahr in der Toskana. Bei Vorlage dieser Kolumne erhalten taz-Leser einen Grappa gratis. Mehr dazu unter www.zeitenspiegel.de.

Das war jetzt klassische Eigenwerbung. Sie ist das Wichtigste im Leben. Man muss sich verkaufen, möglichst so, dass es nicht auffällt. Diese ganze Kolumne diente nur dazu, meinen Ruf als Saison-Koch zu festigen. Das habe ich von Hunzinger gelernt: Immer das eigene Wohl nicht aus dem Auge verlieren und den Menschen dabei das Gefühl vermitteln, dass man es gut mit ihnen meint.

Fragen zum Händedruck? kolumne@taz.de Montag: Peter Unfried über CHARTS