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Archiv-Artikel

Deutsche Bahn schaltet auf Durchzug

Ein ICE blieb gestern in der Nähe des Bahnhofs Zoo liegen. Die Folge war ein riesiges Verkehrschaos. Dabei informierte die Bahn die Fahrgäste kaum. Eine Reisende beschwert sich über die Schaffner: „Eine Antwort kriegt, wer am lautesten schreit“

VON OLIVER TRENKAMP

Komplexe Systeme sind anfällig für Pannen – das ist normal. Für solche Fälle gibt es Katastrophenpläne. Die Deutsche Bahn scheint dabei eins zu vergessen: die Information des Fahrgasts. Gestern Morgen blieb der ICE 873 wegen eines Oberleitungsschadens liegen. Der Zug war in Richtung Basel unterwegs und stoppte kurz nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof Zoo. Die Strecke wurde vorübergehend gesperrt.

Der Zwischenfall stürzte zehntausende Reisende und Berufspendler in ein Verkehrschaos. Sie mussten Umwege und lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Über Ersatzverbindungen wurden sie kaum informiert.

Claudia Dantschke war eine der Reisenden, die um 10 Uhr 26 mit einem ICE vom Ostbahnhof nach Freiburg im Breisgau fahren wollte. Am Ostbahnhof habe es erst kurz vor der geplanten Abfahrt eine Durchsage gegeben: Die „Reisenden Richtung Frankfurt am Main“ sollten mit der S-Bahn nach Spandau fahren. Dort würde der ICE auf sie warten. Nicht alle Reisenden wussten, dass „Richtung Frankfurt“ auch die Fahrten nach Freiburg und Basel einschloss. In ihrer Panik bedrängten einige Verzweifelte sogar Mitarbeiter des Speisewagens, die zufällig ihre Uniform anhatten und ebenfalls auf den Zug warteten.

Zu diesem Zeitpunkt wusste die Bahn schon seit knapp vier Stunden von dem Oberleitungsschaden. Dennoch klappte die Kommunikation der Bahnmitarbeiter untereinander offenbar nicht. Auf jedem Bahnsteig habe nur jeweils ein Mitarbeiter für Informationen zur Verfügung gestanden, so die Reisende Dantschke, und der habe „dem geantwortet, der am lautesten geschrien hat“.

Sie machte sich, zusammen mit vielen anderen, auf den Weg nach Spandau. Dort gab es keinerlei Ausschilderung, keine Ansagen, auf welchem Bahnsteig ihr Zug warten würde. Schließlich sagte eine Bahnmitarbeiterin, dass der Zug schon abgefahren sei. Nach mehrmaligem Nachfragen wurden die Fahrgäste darüber informiert, dass sie nach Hannover fahren müssten, dort gebe es Anschlusszüge.

Bahn-Sprecher Burkhard Ahlert sagte, oberste Priorität habe in Störungsfällen die Sicherheit. Die Bahn bemühe sich aber auch, die Gäste zu informieren. Doch sei das in einer „komplexen Situation“ nicht einfach.

Claudia Dantschke erreichte ihren Anschlusszug knapp. Die Schaffnerin dort hatte nur gehört, dass „irgendwas in Berlin los ist“.