: Das Loch des Tyrannosaurus
Investoren schaffen Platz für Europapassage zwischen Mö und Ballindamm. Baugrube soll November 2004 fertig sein, Eröffnung 2006. Bauschutt wird zunächst in Keller gefüllt, um schweren Maschinen die Arbeit zu ermöglichen
von GERNOT KNÖDLER
Der Bagger sieht aus wie ein Tyrannosaurus Rex. Statt einer Schaufel trägt er eine zentnerschwere Zange, die auch als Gebiss durchgeht. Scheinbar mühelos knickt der Baggerführer damit Stahlträger, die er aus einem Schutthaufen in der ehemaligen Paulstraße in der City gezogen hat. Aasfresser wie sein Vetter aus der Kreidezeit, sortiert er die Trümmer der Häuser, die der Europapassage zwischen Mönckebergstraße und Ballindamm Platz machen müssen. Mitte des Monats wird sich der Bagger als letztes an den Abriss des Europahauses machen. Ein Jahr später wollen die Investoren mit dem Hochbau beginnen.
Die 430 Millionen Euro teure Europapassage ist eines der wichtigsten städtebaulichen Projekte in den kommenden Jahren. Die Alida-Grundstücksgesellschaft, eine Tochter der Allianz Immobilien (55 Prozent) und der HSH-Nordbank (45 Prozent), will eine Verbindung der Einkaufsviertel an der Mö und am Neuen Wall schaffen. Die Passage wird auf dem Weg vom Jungfernstieg zur City liegen. Mit 30.000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche wird sie das Einkaufsflächenangebot in der City zum Herbst 2006 schlagartig um knapp ein Drittel vergrößern.
Um Platz für die 160 Meter lange Einkaufsmeile zu schaffen, müssen zehn Häuser aus ihrer Nachbarschaft herausoperiert werden, ohne dass die City in Staub versinkt und der Lärm die Kundschaft der Mö verschreckt. Feuerwehrschläuche sprühen deshalb ständig einen Wasserschleier auf die Schuttberge. Am Fenster eines Nachbargebäudes sind ein Mikrofon und ein Windmessgerät installiert, um den Lärm zu kontrollieren.
Die Häuser, die während der Bauzeit keine Nachbarn haben, an die sie sich anlehnen können und die stattdessen über tiefen Baugruben thronen werden, haben die Bauleute von Alida akribisch dokumentiert und vermessen. „Man sieht sofort, ob sie sich bewegen“, sagt Projektleiter Gerhard Wirth. Jeder bereits vorhandene Riss wurde fotografiert, um unberechtigte Schadensersatzansprüche abzuwehren.
Acht von zehn Häusern haben Wirths Leute bereits abgerissen. Die 175.000 Kubikmeter Schutt, die dabei entstanden, befinden sich noch immer auf der Baustelle. „Wir haben die Abrissmasse bisher in die Keller der alten Gebäude gefüllt, um die ganze Fläche für schwere Maschinen befahrbar zu machen“, sagt Roland Deger von Allianz Immobilien. Das schwere Gerät soll die wasserdichten Wände der künftigen Baugruben herstellen. Werden die Gruben ab Mitte dieses Monats ausgeschachtet, gilt es insgesamt 230.000 Kubikmeter Schutt von dem Gelände zu schaffen, ohne das Treiben in der City zu beeinträchtigen. Die Laster dürfen nur zwischen 21 und 6 Uhr rollen. Dann ist die Innenstadt ohnehin tot.
Die Europapassage ist unter Schöngeistern umstritten, weil sie die historische Hermannstraße unterbricht und die geschützte Alsterfassade verändert. Beide Elemente musste das Architekturbüro Bothe-Richter-Teherani (BRT) mehrfach überarbeiten. Die Hermannstraße wird jetzt ein bis zum Boden reichender Glaskasten mit vier Brücken im Inneren unterbrechen. Die Gliederung der Alsterfassade passten die Architekten an die Nachbargebäude an. Die Fenster werden aber unterschiedlich tief in der Fassade versenkt sein.