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Archiv-Artikel

Was von Dogma übrig bleibt

Behagliches Boulevardkino: Die dänische Komödie „Okay“ freut sich an der eigenen Rechtschaffenheit

„Du hast mich Faschist genannt“, sagt der alte Mann zu seinem homosexuellen Sohn. „Dabei bin ich Sozialdemokrat.“ Mit diesen beiden Sätzen ist alles gesagt über „Okay“, eine dänische Komödie von Jesper W. Nielsen, der so viel am Konsens gelegen ist, dass sie das Komische darüber vergisst.

Es geht um drei Generationen Dänen. Zusammen sind sie eine Familie, in deren Mittelpunkt Nete (Paprika Steen) steht, eine blonde Frau, die im Groschenroman das Adjektiv „unverwüstlich“ abbekäme. Der Film sieht das ganz genauso. Nete arbeitet in der Arbeitsmarktverwaltung. Ihr Mann Kristian schreibt an einem Roman, kocht daheim asiatisch, unterrichtet ein wenig an der Universität und lässt sich nachmittags von einer Studentin vernaschen. Die Tochter heißt Kathrine, der schwule Bruder heißt Martin, der Vater heißt Vater. Zwischen diesen Parteien stiftet „Okay“ eine Generationengerechtigkeit, die Nete vermitteln muss. Der Film ist um Paprika Steen, Darstellerin in einigen Dogma-Filmen, herumgeschrieben, um den Typus „starke Frau“ und deren Belastungsgrenze (sie wird nicht erreicht).

Nete besteht darauf, den Vater in die keineswegs geräumige Wohnung aufzunehmen, als ihm der Arzt den baldigen Tod diagnostiziert. Der hagestolze Mann muss sich nicht nur erst an Sushi und gelben Paprika gewöhnen, er besetzt auch morgens sehr lange das Klo, er sieht viel fern, und er raucht. Kathrine, die Tochter mit der Zahnspange, kann dieser leisen Anarchie zuerst etwas abgewinnen. Kristian fühlt sich zurückgesetzt und ist erleichtert über diese Beruhigung seines schlechten Gewissens. Martin spendet einem lesbischen Paar sein Sperma, aber das ist nur eine Nebenhandlung, die dazu dient, das Milieu von „Okay“ noch progressiver zu machen, als es ohnehin schon ist in seiner sozialdemokratischen Rechtschaffenheit. Ich bin okay, du bist okay, einer muss sterben, einer bereuen, einer sich vermehren, und die Jüngste muss sich verlieben.

Der Gleichmut und die Harmlosigkeit von „Okay“ werden irgendwann so unerträglich, dass selbst der Tod wie eine Verwaltungsmaßnahme erscheint. Jegliche historische Erfahrung und jedes überindividuelle Zeitmaß sind suspendiert zugunsten einer bürgerlichen Gegenwart, deren letzte Extremsituation der Arztbesuch ist. „Okay“ zeigt, was vom Dogma übrig bleibt: Boulevardkino für behagliche Identifikationen. Ein paar Idioten täten dem Film gut. BERT REBHANDL

„Okay“. Regie: Jesper W. Nielsen. Mit Paprika Steen, Ole Ernst, Troels Lyby, Nikolaj Kopernikus u. a. Dänemark 2002, 93 Minuten