: Richard Williamson wird in Argentinien geschasst
Der Holocaust-Leugner verliert sein Amt als Leiter des Priesterseminars der Pius-Bruderschaft in La Reja
BUENOS AIRES taz ■ Der Holocaust-Leugner Richard Williamson ist am Sonntag von seinem Amt als Leiter des Seminars der Pius-Bruderschaft in Argentinien entbunden worden. Die Entscheidung wurde von Christian Bouchacourt, dem Superior der Bruderschaft in Südamerika getroffen, berichten argentinische Medien. In der Begründung heißt es, die Äußerungen Williamsons „entsprechen in keiner Weise der Position“ der Bruderschaft. „Ein katholischer Bischof kann sich mit seiner kirchlichen Autorität nur zu Fragen bezüglich des Glaubens und der Moral äußern“, schreibt Bouchacourt, der sich derzeit in Paris befindet.
Der geschasste Geistliche hat sich noch nicht zu seiner Absetzung geäußert. In seinem letzten Blogeintrag (http://dinoscopus. blogspot.com) schwadroniert er über Beethoven, Haydn und Mozart. Williamsons Äußerungen hatten auch in Argentinien für Aufregung gesorgt und dem wenig bekannten Dorf La Reja und der Pius-Bruderschaft eine bis dahin nicht gekannte Aufmerksamkeit beschert.
Das Seminar der Fraternidad Sacerdotal San Pío X befindet sich am Rand der Ortschaft La Reja (Provinz Buenos Aires), rund 40 Kilometer von der Hauptstadt Buenos Aires entfernt. Der 68-jährige Williamson war seit 2003 Leiter des Seminars in La Reja, in dem der Orden seinen Nachwuchs zu Priestern ausbildet. Derzeit werden hier 25 Seminaristen ausgebildet. Wer die Nachfolge von Williamson antreten soll, ist nicht bekannt.
In Argentinien ist die Bruderschaft auch in den Provinzen Mendoza, Córdoba, Tucumán, Salta und Jujuy aktiv. Nach eigenen Angaben liegt damit Argentinien nach Frankreich, Deutschland und Nordamerika nach der Zahl der aktiven Mitglieder an vierter Stelle. Die Pius-Bruderschaft hatte das Gelände bei La Reja 1976 erworben und 1978 mit dem Bau der Kirche und einem Gebäudekomplex begonnen. Die Kirche Nuestra Señora Corredentora in La Reja. ist eine von 23 Kirchen, die die Bruderschaft in Argentinien unterhält.
Im Jahr 1976 hatten sich die Militärs in Argentinien an die Macht geputscht, um, wie sie es nannten, den Prozess der nationalen Reorganisation einzuleiten und das Land von linker Subversion zu befreien. Der Gründer der Bruderschaft, Erzbischof Marcel Lefebvre, hatte sich in den folgenden Jahren mehrmals mit dem Chef der Militärjunta, Jorge Videla, getroffen. Der traditionelle Antisemitismus der argentinischen Militärs traf sich mit dem der Bruderschaft.
JÜRGEN VOGT