Fischers Reisegepäck: Druck und Hilfe

Außenminister Fischer reist in den Sudan, um die Regierung zum Entwaffnen der Milizen zu bewegen. EU-Außenminister wollen Appell verabschieden. Sudanexperte Gerhart Baum (FDP) fordert internationale Truppen mit deutscher Beteiligung

BERLIN afp ■ Inmitten des internationalen Ringens um ein Ende des blutigen Konflikts in der westsudanesischen Region Darfur ist Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) am Sonntag zu Gesprächen in das afrikanische Land gereist. Nach UN-Generalsekretär Kofi Annan und US-Außenminister Colin Powell wird auch er die sudanesische Regierung zu stärkerem Engagement auffordern.

„Wir reden hier von einer sehr, sehr großen Herausforderung“, sagte Fischer, der heute mit der sudanesischen Führung zusammentreffen will, dem Spiegel. Die Regierung von Sudan müsse die Vereinbarungen mit der UNO und den USA unverzüglich umsetzen, die Dschandschawid-Milizen entwaffnen und zur Rechenschaft ziehen sowie den Hilfsorganisationen sofortigen Zugang zu den Menschen in der Region verschaffen. Fischer wird von Staatsministerin Kerstin Müller (Grüne) begleitet, die in die Krisenregion Darfur weiterreist, um sich vor Ort über die Lage zu informieren. An Bord ihres Flugzeugs waren 3,5 Tonnen medizinische Hilfsgüter. Sie reichen aus für die medizinische Grundversorgung von 40.000 Menschen für einen Monat.

Die Präsidenten von Sudan und Tschad, Omar al-Beschir und Idriss Déby, sprachen am Samstag über eine gemeinsame Einsatztruppe im Grenzgebiet der beiden afrikanischen Staaten. Diese Truppe könne aber nur stationiert werden, wenn Sudan alle Bedingungen erfülle – insbesondere die Entwaffnung arabischer Milizen wie der Dschandschawid, erklärte Déby im Anschluss.

Sudanexperte Gerhart Baum forderte dagegen einen internationalen Militäreinsatz mit deutscher Beteiligung in Darfur. „Wir sind nur glaubwürdig, wenn wir eine eigene Beteiligung nicht ausschließen“, sagte der FDP-Politiker dem Tagesspiegel am Sonntag. Baum war bis Mitte vergangenen Jahres Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Sudan.

Die Außenminister der Europäischen Union wollten am Montag in Brüssel einen weiteren Aufruf an die sudanesische Regierung „und andere Konfliktparteien“ richten. In dem Entwurf der EU-Erklärung wurden aber keinerlei Strafen angedroht.

Seit Beginn der Auseinandersetzungen im Februar 2003 sind knapp 120.000 Menschen aus Darfur nach Tschad geflohen, in Sudan selbst sind rund eine Million Menschen auf der Flucht. Im sudanesischen Grenzgebiet zu Tschad kämpfen zwei Rebellenorganisationen schwarzafrikanischer Volksgruppen gegen die Dschandschawid-Miliz, die von der sudanesischen Regierung in Khartum unterstützt wird. In dem Bürgerkrieg starben bislang rund 10.000 Menschen.