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Archiv-Artikel

„Weil Brot einsilbig ist“

Bernd das Brot vertritt das Recht auf schlechte Laune im Kinderfernsehen – dafür wird er auch von Erwachsenen geliebt. Erfinder Tommy Krappweis über die Idee zum miesepetrigen Kastenbrot

Interview: LUCA CARACCIOLO

Seit drei Jahren sind Bernd das Brot und seine zwei Begleiter, Chili das Schaf und Briegel der Busch, auf dem KinderKanal zu sehen. Seit Anfang des Jahres sendet der KiKa eine Nachtschleife mit Episoden um das Kastenbrot und hat seine Fangemeinde damit deutlich erweitert. Bernd-Erfinder Tommy Krappweis produziert die Serie mit „bumm film“. Er stand bereits für „RTL Samstag Nacht“ vor der Kamera.

taz: Wie kommt man auf die Figur eines psychisch labilen Brotes?

Krappweis: Wir brauchten einen Gegenpol zu den anderen beiden Figuren, Briegel und Chili. Wir brauchten einfach jemand, der nicht alles lustig findet, sondern eher alles fürchterlich. Trotzdem aber Hoffnung hat, aus dem Irrsinn herauszukommen, denn wir wollen ja, dass die Kinder nicht völlig depressiv werden.

Warum aber gerade ein Brot und nicht eine Kartoffel?

Weil „Brot“ einsilbig ist und in Verbindung mit Bernd phonetisch einfach toll klingt. Wir haben lange überlegt, was sich gut anhört und haben dann nachgedacht, wie die Figur aussehen könnte. Und das war eine sehr spontane Sache: Ich saß mit meinem Kollegen Norman Cöster beim Essen. Der ist eigentlich ein chronisch eher deprimierter Mensch (lacht). Ich schlug vor, eine Figur zu entwerfen, die so ist wie er … und malte sein erstauntes Gesicht mit seinen großen Augen einfach auf ein Stück Papier. Der erste Bernd war rund, der zweite war eckig und kam dem heutigen Bernd schon ziemlich nahe. Unsere nächste Überlegung war, dass es lustig wäre, wenn er völlig ungeeignet wäre, irgendwas zu machen. Also gaben wir ihm ganz kurze Arme und ganz kurze Beine.

Was macht den Kultcharakter von Bernd das Brot aus? Er sollte ursprünglich doch nur Nebenfigur sein.

Bernd das Brot vertritt einfach das Recht auf schlechte Laune. Damit ist es offiziell, dass sogar eine Figur im Fernsehen, wo alle immer happy sind, schlechte Laune haben kann. Man darf Mist sagen und trotzdem dafür gemocht werden. Und was dazukommt: Alle, die Bernd gut finden, sind Querdenker. Ob es jemand ist, der zuviel kifft, was ich nicht so toll finde, oder ob sich jemand philosophisch mit der Welt auseinandersetzt, oder jemand, der einfach nur dem Humor im Leben den Vortritt gibt … Die Fans von BdB sind Leute, die eine besondere Art der Sicht haben und schon immer hatten, die einen gewissen Schuss Ironie mögen, die sich mit Bernd identifizieren können, weil sie sich verstanden fühlen.

Bernd das Brot läuft neuerdings in einer Nachtschleife beim Kinderkanal und erreicht damit ganz andere Schichten. Habt ihr bei der Planung zu Bernd das Brot auch schon an die Erwachsenen gedacht?

Ja und Nein. Wir wollten etwas schaffen wie die „Muppet Show“, die man als Kind toll findet und im Erwachsenenalter auch noch guckt, sich dann aber über andere Aspekte amüsiert. Oft wird erwartet, dass Kinder und Erwachsene an den gleichen Stellen lachen. Das ist aber nicht so. Je älter die Kinder werden, desto mehr verstehen sie, worum es da geht. Als ich Kind war, fand ich die „Peanuts“ toll. Eine Frau in der Bibliothek hat mir gesagt, dass ich das gar nicht verstehe. Das war mir aber ganz egal. Ich wollte es einfach lesen. Natürlich habe ich nicht alles verstanden. Aber ich lese es heute immer noch und lache an anderen Stellen. Deswegen haben wir Bernd das Brot von Anfang an als duales System konzipiert, für Kinder und Erwachsene, denn Kinder werden einfach älter.

Es ist ihnen also wichtig, die Kinder ernst zu nehmen? Dass sie ihnen Ironie zutrauen?

Das ist sehr wichtig. Wir haben mal eine „Tolle Sachen“-Folge in der Schule gezeigt, weil wir so viele verschiedene Meinungen über die Sendung bekamen. Die Kinder haben gesagt: Das ist eine Werbesendung. Bernd ist der Testkandidat, Briegel erfindet immer was Komisches und Chili will es eigentlich moderieren, macht aber immer nur Stunts. Die Eltern meinten: Der eine Baum ist völlig verrückt, Das Schaf ist immer so laut, und das Toastbrot ist ständig deprimiert, das kann kein gutes Vorbild sein. Die Eltern haben die Sendung und die Charaktere nicht verstanden. Die Kinder mussten ihnen das erklären.

Bernd und Co. als intelligente Kindersendung?

Als wir uns daran gesetzt haben, eine Idee zu Bernd und Co. zu verfassen, wollten wir eine Sendung machen, die wir als Kinder auch gerne gesehen hätten. Wir machen ansonsten ja nur Comedy. Da lag es nahe, dass wir die Sendung so konzipieren, dass sie in einer Sketch-Show oder in einer Sitcom funktionieren würde und haben also komplett andere Parameter und Maßstäbe angesetzt, als jemand der von Anfang an eine Kindersendung schreibt. Wir haben eine Comedy-Show gemacht.

Bernd im KiKa: tägl. 20.55 Uhr „Bravo Bernd“, 21.00 Uhr Nachtschleife, 14.25 Uhr „Tolle Sachen“, samstags 11.30 Uhr „Chili TV“