: Punkrock für morgen
Geben dem Genre einen guten Klang: „The Blood Brothers“ und „Pretty Girls Make Graves“ im Hafenklang
In Omaha, so erinnert sich Andrea Zollo, Sängerin von Pretty Girls Make Graves, ging es schief: Während ihre Band wie jeden Abend der gemeinsamen Tour im Vorprogramm für The Blood Brothers spielen sollte, hatten Letztere die Idee, die Reihenfolge umzutauschen. Noch vor nicht allzu langer Zeit bezeichnete Zollo in einem Interview den damaligen Auftritt als „am schlimmsten“. Weil die furiosen Blood Brothers bereits gute Bekannte waren, und obwohl sie sich größte Mühe gaben, die Leute für das Folgende zu interessieren. Aber das Publikum in Omaha wollte partout keine weitere, noch dazu unbekanntere Band sehen.
Auch für das heutige Hamburg-Konzert, so heißt es, wurde die Abfolge umgekehrt – womit nicht vorhergesagt werden soll, auch dieser Abend werde derart im Debakel enden. Dass beide Bands, die Seattle einen neuen Hype bescheren könnten, Aufmerksamkeit verdienen, steht außer Frage. Zwei Mal bereits binnen einiger Monate waren The Blood Brothers mit ihrem fahrigen Psycho-Punkrock in Hamburg zu sehen, stets sorgten sie für offene Münder beim rasch wachsenden Publikum.
Fünf Gerade-mal-Twenty-somethings pflügen sich in diesen Konzerten durch Keller voll Noise-, Punkrock-, Emo- und Hardcore-Historie, ohne daraus irgendeinen nostalgischen Retro-Sound abzuleiten. Während sich zwei dürre Speedfreaks, deren Stimmbruch sich auf den drei Alben der Band mit verfolgen lässt, kreischend in ihre Mikrofonkabel einwickeln, prügeln Gitarre, Bass und Schlagzeug besten, umwerfend frischen Punkrock in die Welt hinaus.
Auch Pretty Girls Make Graves greifen wie beiläufig auf die Formen und Kniffe von Emocore und frühem Indie-Rock zurück, um ein ungemein originell daherkommendes Neues daraus zu formen. Als „intellektueller Dance-Punk mit einem rockistischen Knurren“ wurde das bezeichnet – durchaus zutreffend.
ALEXANDER DIEHL
heute, 21 Uhr, Hafenklang