Innere Opposition in der Niedersachsen-CDU

Der CDU-Wirtschaftsrat des Landes erhöht den Druck auf die eigene Partei bei der Elbvertiefung. Es sei unverantwortlich, weiter das Einvernehmen mit dem Hamburger Projekt zu verweigern

„Die CDU ist eine sehr liberale Partei“, sagt David McAllister. Abweichende Meinungen müsse man „ertragen können“. Dennoch ist auch der Chef der Niedersachsen-CDU nicht erbaut über die Kritik, die ihm nun bei einem seiner Leib- und Magenthemen aus den eigenen Reihen entgegenschlägt: Die schwarz-gelbe Landesregierung wird wegen ihrer zögerlichen Haltung bei der Elbvertiefung unter „friendly fire“ genommen.

Als „kaum nachvollziehbare – in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage nahezu unverantwortliche – Einlassung“, bezeichnet der Wirtschaftsrat der Landes-CDU die Taktik der niedersächsischen Landesregierung. Das Land müsse „Hamburgs Antrag beim Bund auf die Elbvertiefung zustimmen“, heißt es in einem gemeinsamen Schreiben der Landesorganisationen aus Niedersachsen und Hamburg – „zügig“. Die Niedersachsen werden als Bremser hingestellt – vor allem McAllister, der seinen Wahlkreis in der Elbregion hat und die Vertiefung mit Verweis auf die Deichsicherheit ablehnt.

„Norddeutschland braucht Kapazitäten für wachsende Güterverkehre“, sagt hingegen Astrid Hamker, Landesvorsitzende des Wirtschaftsrates. Von diesem Wachstum würde auch Niedersachsen profitieren, wo 22.000 Menschen in „hafenabhängigen Beschäftigungsverhältnissen“ tätig seien. Der Hamburger Hafen sei „nach Volkswagen der zweitwichtigste Arbeitgeber in Niedersachsen, die CDU in Niedersachsen darf dies nicht aufs Spiel setzen“, sekundiert Andreas Mattner, Vorsitzender des Landesverbandes Hamburg.

Der Wirtschaftsrat ist keine direkte CDU-Gliederung wie Junge Union oder Frauenunion. Aber das Gewicht seiner Mitglieder ist gewaltig. In Niedersachsen und Hamburg vertritt der Wirtschaftsrat rund 2.000 Unternehmer. Der Unternehmerflügel der CDU befindet sich nicht zum ersten Mal jenseits der Parteiraison: Regelmäßig fordert der Wirtschaftsrat, das Land solle seine VW-Anteile verkaufen.

Im Vorstand des niedersächsischen Landesverbands sitzt auch der Cuxhavener Bundestagsabgeordnete Enak Ferlemann. Von der Elbe-Aktion will er nichts gewusst haben. „Bei objektiver Betrachtung wächst der Eindruck, dass die Pressemitteilung eher vom Hamburger Wirtschaftsrat auf den Weg gebracht wurde als von den Niedersachsen“, formuliert es McAllister. Er habe bereits mit Hamker telefoniert. „Wir kommen wunderbar miteinander klar.“

Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren für die Elbvertiefung. Es gibt rund 6.000 Einwendungen. Die Elbe soll so weit vertieft werden, dass sie tideunabhängig von Schiffen mit einem Tiefgang bis zu 14,50 Meter befahren werden kann. Niedersachsen ärgert die Hamburger mit kostspieligen Nachforderungen zur Sicherheit der Deiche.

Auch Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) mischt offenbar mit. Seit Wochen wartet der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust auf einen Terminvorschlag seines Parteikollegen, um über die Elbe zu reden. „Noch ist kein Termin gefunden“, sagt ein Sprecher Wulffs – und hält das für normal. „Vielleicht“ ergebe sich beim Treffen der norddeutschen Regierungschefs eine Gelegenheit zum Gespräch – also erst Anfang März.

KAI SCHÖNEBERG