zwergenaufstand
: Luxemburger Proficlub soll in Belgien spielen

Hoffen auf das erste Tor

So schnell lässt sich Alan Simonsen nicht aus der Ruhe bringen, auch wenn seine Spieler das gegnerische Tor wieder einmal nicht getroffen haben. Immerhin hatte sich seine Elf, die luxemburgische Fußball-Nationalmannschaft, achtbar aus der Affäre gezogen und zu Hause nur 0:2 gegen Dänemark verloren. Es war die fünfte Niederlage im fünften Gruppenspiel der „Löwen“, deren Torausbeute ebenso auf null steht.

Dabei hatte die „Féderation Luxembourgeoise du Football“ (FLF) den neuen Trainer im vergangenen Jahr verpflichtet, damit dieser dem Fußballzwerg endlich auf die Sprünge hilft, schließlich hatte Simonsen, in den 70er-Jahren auf dem Gladbacher Bökelberg unter Hennes Weisweiler aktiv, zuvor schon acht Jahre lang den Kickern von den Färöer Inseln mit beachtlichem Erfolg den Weg in Richtung Tor gewiesen. So einer kennt sich aus mit Underdogs.

Und es wird alles getan, damit der Zwerg endlich zu wachsen beginnt. Kaum einer von Simonsens Spieler ist älter als 24 Jahre – und mit der erst vor kurzem in Luxemburg gegründeten Fußballschule soll gleich ein ganzes Reservoir von Nachwuchskräften zur Verfügung gestellt werden. Doch den Verbandsfunktionären ist dies noch nicht genug: Einen weiteren Schritt aus dem fußballerischen Nichts versprechen sie sich von der Gründung eines luxemburgischen Proficlubs. Dieser soll bereits ab der Spielzeit 2004/05 in der zweiten belgischen Division mitkicken. Ob der FC Lëtzebuerg aus einer Fusion der hauptstädtischen Clubs wie Union oder Spora entsteht oder sich andere luxemburgische Gemeinden beteiligen, ist noch nicht entschieden, soll aber bis September der Fall sein. Die Union Royale Belge de Football hat bereits angedeutet, gegen die Teilnahme einer Luxemburger Mannschaft an ihrer Meisterschaft nichts einzuwenden zu haben. Selbst ein Aufstieg in die erste belgische Liga wäre möglich.

„Wir müssen weg vom amateurhaften Geist“, fordert derweil FLF-Präsident Henri Roemer. Ziel sei es deshalb, mit einer Professionalisierung ein weiteres Abrutschen des luxemburgischen Fußballs zu verhindern. Dabei dürfte ein weiteres Abrutschen schwierig sein, denn Luxemburg liegt zurzeit auf Platz 153 der Fifa-Weltrangliste, punktgleich mit der Antilleninselgruppe St. Vincent und 23 Plätze hinter Malta.

„Wir brauchen mehr einheimische Vollprofis“, tönt Verbandschef Roemer deshalb. Die besten Resultate habe das Luxemburger Team schließlich immer dann erzielt, wenn sich genügend Profis im Aufgebot befunden hätten. Doch gerade deren Zahl sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Spielten 1998 noch acht luxemburgische Berufskicker in ausländischen Ligen, ist es heute nur noch der Mönchengladbacher Jeff Strasser. Der zweite Profi, Keeper Stéphane Gillet, hat unterdessen bei Paris St. Germain die meiste Zeit die Bank gedrückt. „Wenn wir Profis brauchen, warum behalten wir die dann nicht gleich im Land oder locken sogar welche aus dem Ausland an?“, fragten sich darum die Verbandsoberen.

Die Vorbereitungen hierfür laufen mittlerweile: Für das Abenteuer Belgien soll das hauptstädtische Stadion Josy Barthel, das nur 8.000 Zuschauern Platz bietet, weiter überdacht werden, auch die Suche nach Sponsoren dürfte im wohlhabenden Bankenparadies kaum Probleme bereiten. Selbst der luxemburgische Staat hat seine Unterstützung signalisiert, schließlich sollen die einheimischen Fußballfans nicht extra nach Kaiserslautern, Trier oder Metz pilgern müssen, um Profifußball zu sehen.

Alteingesessenen Clubs wie F91 Düdelingen, Jeunesse Esch und Avenir Beggen blicken hingegen skeptisch auf das Vorhaben des Verbandes. Mit der Gründung eines Profiklubs könnte diesen Luxemburger Vereinen das Spielerreservoir erst recht abgegraben werden, nicht wenige befürchten ein Aderlass an Talenten. Den Gegnern eines Proficlubs scheint es vor allem widersprüchlich, dass einerseits die Zahl ausländischer Spieler in einem Team der Liga begrenzt werden soll, andererseits ein luxemburgischer Verein sowie die Luxemburger U19-Nationalmannschaft im Ausland spielen. (Letztere wird ab kommender Saison am Spielbetrieb der deutschen A-Junioren-Regionalliga teilnehmen).

Ungeachtet dessen erwartet Alan Simonsen von einem Proficlub „FC Letzebuerg“ neue Impulse. Doch bis es so weit ist, sind die Ziele des Nationalcoachs eher bescheiden. Erst einmal heißt es, in der EM-Qualifikation zu bestehen. Nächster Gegner ist am 19. August Malta, 130. der Weltrangliste, 23 Plätze vor Luxemburg. „Dann muss endlich ein Tor fallen“, sagt der Trainer. STEFAN KUNZMANN