Wo der beste Wind weht

Niedersachsen produziert deutschlandweit am meisten Strom durch Windenergie, Schleswig-Holstein fiel auf den vierten Platz zurück. Höhere Windspargel sollen mehr Leistung bringen

VON ESTHER GEISSLINGER

Niedersachsen ist Windprimus: 6.000 Megawatt Leistung bringen die Mühlen des Landes auf – dagegen weht im früheren Windland Nr. 1, Schleswig-Holstein, nur ein laues Lüftchen von 2.506 Megawatt. Das Land ist damit im Bundesländervergleich auf Platz vier hinter Brandenburg und Sachsen-Anhalt zurückgepustet worden. Bei der Zahl der Mühlen und dem Anteil der Windenergie am Stromverbrauch schafft es Schleswig-Holstein auf Rang drei. Allerdings gibt es Hoffnung, denn „wir haben den besten Wind“, sagte Walter Eggersglüß von der Landwirtschaftskammer bei einer Pressekonferenz in Kiel, wo gestern Vertreter der Windenergie über Chancen der Branche berichteten.

„Wir erwarten einen Aufschwung in allen Bundesländern“, sagte der Präsident des Bundesverbandes Windenergie, Hermann Albers. Einen Anstoß soll das Gesetz über erneuerbare Energien bringen. Für Schleswig-Holstein sei eine Gesamtleistung von 5.000 bis 6.000 Megawatt möglich. Erreicht werden soll die durch Repowering, den Austausch von kleineren Anlage gegen größere: „Halbierung der Anlagenzahl, Verdopplung der installierten Leistung, Verdreifachung der Erträge“, nannte Albers als Ziel. Er plädierte dafür, höhere Mühlen zu bauen, auch Windspargel bis zu 130 Metern: „Jeder Meter Höhe bringt ein Prozent mehr Leistung.“

Das Repowering komme nicht so schnell voran, wie die Branche hoffe, sagte Albers. Er glaubt, dass die erste Anlagengeneration in etwa acht Jahren verschwunden sein wird. Ein Problem der Windmühlen ist die Kapazität der Netze: Ist diese erschöpft, kann der Strom nicht weitergeleitet werden, die Anlagen stehen still. Für die geplanten Off-shore-Windparks in der Nordsee seien stärkere Netze nötig, sagte Per Hornung Pedersen, Vorsitzender des Windkraftanlagenbauers Repower in Husum.

Dort informierten sich Mitte der Woche Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Wirtschaftsminister Werner Marnette (beide CDU) über die Branche. Windkraft sei „Leitenergie in einem gesunden Energiemix“, so Marnette, der sich damit klar zu Kohle und Atom bekannte. Carstensen sagte, das Land bleibe bei dem Ziel, bis 2020 rechnerisch seinen Energiebedarf über Wind, Wasser, Sonne und Bio-Stoffe abzudecken, fügte aber hinzu: „Ich glaube, dass wir einen Fehler machen, wenn wir gut laufende Kernkraftwerke abschalten.“

Kontra gab es von den Sprechern der SPD-Landtagsfraktion für Energie und Umwelt, Olaf Schulze und Konrad Nabel: „Wer immer noch glaubt, atomare und fossile Energien ausbauen zu müssen, handelt unverantwortlich.“ Die „von Lobbyisten propagierte Stromlücke“ sei übertrieben, die Energiewende möglich: „Die aktuellen Daten zum Ausbau der Windkraft geben Rückenwind für erneuerbare Energien.“ Manfred Ritzek (CDU) schoss zurück, zum Mix gebe es keine Alternative.

Wenn das Bekenntnis zum Wind als Leitenergie ernst gemeint sei, müsse die Regierung die Rahmenbedingungen verbessern, so Dethlef Matthiessen (Grüne). Heiner Garg (FDP) forderte ein gemeinsames Konzept: „Ich freue mich zwar, wenn Regierungsmitglieder ihre persönliche Meinung äußern – nur hilft das dem Land nicht weiter.“