: Richtig durchknallen
Real- und Hauptschüler werden in Niedersachsen bei guten Noten automatisch höhergestuft
Hannover taz ■ Als erstes Bundesland will Niedersachsen ab dem Schuljahr 2004/2005 für Real- und Hauptschüler einen Rechtsanspruch auf Versetzung in die jeweils höhere Schulform einführen. Mit einem Notenschnitt von 2,7 in Mathematik, Deutsch und der ersten Fremdsprache sowie 3,0 in allen übrigen Fächern können Hauptschüler dann auf die Realschule und Realschüler auf das Gymnasium wechseln. Und zwar ohne Beschluss der Klassenkonferenz, die entsprechende Wünsche der Eltern bislang behandelte. Auch diese Möglichkeit soll jedoch bestehen bleiben. Dies sieht die „Durchlässigkeits“-Verordnung zum neuen Schulgesetz vor, die Kultusminister Bernd Busemann (CDU) am Montagabend in Hannover vorstellte.
„Wenn das Kind richtig nach oben durchknallt“, sollen Hauptschüler künftig auch automatisch aufs Gymnasium versetzt werden können – bei einem Notendurchschnitt von mindestens 2,0. „Einen Rechtsanspruch gibt es so nur in Niedersachsen“, betonte Busemann. Eine Höherstufung per Beschluss der Klassenkonferenz hätten bislang nur ein bis zwei Prozent der Schüler in Anspruch genommen. Die Durchlässigkeit solle mit der Reform erhöht werden.
Genau daran zweifelt die Opposition. Im Gymnasium werde durch die Einführung des Abiturs in der 12. Klasse „die Stundentafel der Sekundarstufe 1 so erheblich wachsen, dass Haupt- oder Realschüler, die in der Klasse 7, 8 oder 9 die Schule wechseln wollen, nur mit außergewöhnlichen Anstrengungen den Anschluss im Gymnasium schaffen können“, sagte Ina Korter, schulpolitische Sprecherin der Grünen. Und: „Echte Durchlässigkeit kann es nur mit einer möglichst langen gemeinsamen Schulzeit geben.“ Diese Chance sei mit der Dreigliedrigkeit vertan.
In der neuen Schulstruktur soll nach fast 30 Jahren ab 2005 die Orientierungsstufe in den Klassen 5 und 6 komplett abgeschafft werden. Gleichzeitig gibt es in Niedersachsen bald auch die Möglichkeit, am Ende der 3. Klasse sitzen zu bleiben. An den weiterführenden Schulen wird vom 5. bis zum 9., an Gymnasien bis zum 10. Schuljahr versetzt. Außerdem will Busemann zentral vom Kultusministerium vorgegebene Prüfungen in der Klasse 10 einführen, 2006 erstmals ein Zentralabitur. Das Leistungsniveau niedersächsischer Schüler solle damit angehoben werden, sagte der Kultusminister.
Dass durch die Einstellung von 2.500 Lehrern bei gleichzeitiger 40-Millionen-Euro-Kürzung an den Hochschulen „Bildung gegen Bildung“ ausgespielt werde, sehe er nicht, so Busemann. Noch sei überhaupt nicht klar, ob dem Rotstift Uni-Institute zum Opfer fielen. ksc