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Archiv-Artikel

Fantasie kontra Rummelplatz

Der Bestseller-Autor und Ufo-Forscher Erich von Däniken besuchte das Bremer Space Center. Als Inhaber eines Indoor-Erlebnis-Parks in Interlaken wollte er sich über die Bremer Konkurrenz informieren und für sein neues Filmprojekt werben

Bremen taz ■ Ein Ufologe und Alienforscher sucht und findet die besonderen Orte. Bei seinem Bremen-Besuch dockte Erich von Däniken erst einmal am in Gröpelingen gelandeten Space Center an. In selbstdarstellungssicherer Haltung spazierte er mit seinem Expertenteam fürs Außerirdische hinein ins Vergnügen, bahnte sich den Weg durch die nur vereinzelt herumstehenden Besucher und ließ sich durch die High-Tech-Attraktionen scheuchen. Schweiß entströmte Dänikens Schopf wie eine kryptische Botschaft.

„Ich muss sagen“, sagte er, „sehr viel Hollywood hier, nur Stargate- und Star Trek-Fans kennen die Figuren und Geschichten.“ Alle anderen könnten damit wohl wenig anfangen. Im Space Center gehe es eher um Science Fiction für Fans, so Däniken. „Bei uns geht es um Wissenschaft für alle.“ Uns?

Der 69-jährige Koch, Kellner und Amateurwissenschaftler hat einige Jahre keines seiner bespöttelten und millionenfach verkauften Sachbücher mehr geschrieben, sondern einen Indoor-Park über die Rätsel der Welt konzipiert. Auf einem ausgedienten Militärflughafen in Interlaken in der Schweiz steht seit Mai 2003 der „Mystery Park“ zu Füßen von Eiger, Mönch und Jungfrauenjoch. Im ersten Jahr will Däniken eine halbe Million Besucher gezählt haben. Eine Zahl, von der man im Space Center wohl nur träumen kann, denn kürzlich hatte das Projekt eine Frist bis ans Ende der Sommerferien erhalten – bis dahin versucht eine Arbeitsgruppe zu klären, unter welchen Konditionen das Weltraum-Center kostendeckend arbeiten könnte. Auch die Preise auf Mystery Park-Niveau anheben? Dort werden an der Kasse 32, in Bremen 22 Euro verlangt.

Beide Parks sind ähnlich strukturiert. Von einem kreisförmig zentralen Platz aus gehen die „Attraktionshöhlen“ (Bremen) und Themenpavillons (Interlaken) ab. Im Gegensatz zu Bremen wurde in Interlaken die Last eines möglichen Scheiterns der Erlebniswelt auf viele Schultern verteilt: Eine Reihe von Schweizer Kleinaktionären haben für ihren Landsmann das notwendige Kapital von über 80 Millionen Euro aufgebracht. Das Hauptargument für eine erfolgreiche Investition schien einleuchtend. Vier Millionen Touristen kommen jährlich in die Region, die bei schlechtem Wetter kaum Freizeitbeschäftigungen bietet. Das ist in Bremen anders. Außerdem glaubte man an Dänikens Motto: „Wir machen nicht so einen Gaudi-Park, bei uns lernt man das Staunen wieder.“ Statt Antworten würden Erklärungen präsentiert, als Vorschläge zum Weiterdenken. Einfach faszinierend wollte man sein, Hintergründe statt special effects bieten. Im Space Park wird man durchgerüttelt, geschubst, gepiekst und per 3-D-Animationen beschossen. Däniken lässt dagegen nach den Bauherren der Pyramiden von Gizeh, dem Zweck der Stonehenge-Steine fragen. Seine Theorien dazu stellt der Ufologe gleichberechtigt neben die der Kollegen. Mit einem „Kopf voller Fragezeichen“ soll der Besucher nach Hause gehen. Däniken: „Fantasie anregen, das zählt.“ Findet jemand das Space Center fantasieanregend?

Däniken wird von allem angeregt. Auch vom Space Center. „Absolut phänomenal“, findet er die Computer-Tricks. Sie machten munter, darüber nachzudenken, wie Außerirdische aussehen. Darum gehe es doch. Weg vom Schubladen-Denken, Begrenztheiten überwinden. Einfach mal folgende Idee im Geiste rotieren lassen: Die in allen Religionen aus dem Himmel herab das Menschengeschick lenkenden Götter waren Aliens auf Erdenbesuch, um die Menschheitsentwicklung ein wenig zu forcieren. Däniken: „Es ist doch pure Egozentrik, dass wir uns für die Krone der Schöpfung halten.“

Derzeit ist Däniken auf Geldsammeltour für sein nächstes Projekt. Am 1. August starten die Dreharbeiten zu seinem ersten IMAX-Film über Weltwunderorte. Produktionskosten: acht Millionen Euro. Gesucht werden Anleger, die Anteilsscheine kaufen. Geplante Premiere: Weihnachten 2005. „Vielleicht auch im Space Center“, regt Däniken an. Sofern das dann noch geöffnet ist. Jens Fischer