: „Man sieht sich am Zaun, und das war es“
Der Oberligist SV Babelsberg hat prominente Nachbarn. Finanziell lohnen tut sich das trotz aller Vorurteile nicht
Vermutlich würde Ralf Hecher am liebsten die Klingelschilder aus den protzigen Fassaden der Nachbarvillen reißen und in seinen Sponsorenpool einschweißen. Es wäre auch zu schön, würden Wolfgang Joop, Nadja Auermann, Günther Jauch und die anderen Schönen und Reichen im Potsdamer Prominentenviertel, die kaum einen Münzwurf von dem Stadion des SV Babelsberg entfernt residieren, den Amateurkickern nicht nur die Daumen, sondern auch mal Bares in die Hand drücken. Nachbarsfrau Ulla Kock am Brink moderierte wenigstens mal eine Sponsorenparty an Weihnachten ohne Nachwirkungen. „Man sieht sich am Zaun und winkt sich zu, das war’s dann auch schon. Es ist sehr schwierig, an diese Leute ranzukommen“, erzählt Hecher.
Hecher diagnostiziert eine Prominentenallergie gegen Vereinsmeierei als einen Grund für die Schwindsucht in der Klubkasse. „135 Vereine gibt es in Potsdam. Wenn man einem etwas gibt, stehen sofort die anderen vor der Tür. Die Prominenten engagieren sich lieber im sozialen Bereich. Das macht sich auch gut als persönliche PR. Für das klassische Sponsoring sind diese Leute nicht zu haben.“
Den Schaden der getrennten Welten in Brandenburgs Landeshauptstadt trägt der SVB. „Wenn Mannschaften zu uns kommen, aus Schönberg, Neustrelitz oder Wismar, sehen die doch nur den Speckgürtel von Berlin und unser Promiviertel und sagen, da müsste doch mehr gehen bei Babelsberg!“ Tut es aber nicht, deshalb lebt der einstige Zweitligist wie die meisten Oberligisten von der Hand in den Mund. Auch der Bäckermeister an der Ecke gilt als lohnenswertes Einsammelobjekt. Hechel verrichtet die Knochenarbeit seit einem Jahr ehrenamtlich. Notgedrungen. „Früher war das ein gut bezahlter Job“, erzählt er. Manager will der 39-Jährige nicht genannt werden, „das gibt’s nur im Profi-Fußball“. Dazu fehlen seinem Club zwei Aufstiege und einige Milliönchen Cash.
„Die Zukunft liegt in Berlin“, lautet seine bittere Erkenntnis. Dorthin, zur großen Hertha, ziehe es auch Babelsbergs Elite. Jauch ist Ehrenmitglied im Olympiastadion. Volker Schlöndorff, einst in den SVB-Aufsichtsrat ein- und wieder ausgestiegen, liebäugelte mit einen Dokumentarfilm über Hertha (der aber nicht realisiert wurde, weil die Erfolgskurve des Clubs nach unten drehte). Gerade von dem Oscar-prämierten Regisseur hatte sich der Vorortverein viel versprochen, haute Schlöndorff doch 2001 beim Aufstieg in die professionelle 2. Bundesliga mächtig auf die Blechtrommel. „Die Babelsberger werden die Filmstädter genannt, wie kann ich mich da ausschließen“, dröhnte der Regie-Zampano. Hechel hat ihn schon lange nicht mehr im Liebknecht-Stadion gesehen. JÜRGEN SCHULZ