: Abwasser wird zum Wertfaktor
Deutscher Forscher erhält Wasser-Nobelpreis für Modelle zur Minderung des Verbrauchs
STOCKHOLM taz ■ Eigentlich wollte Peter Wilderer Architekt werden. Dann geriet er während seines Bauingenieurstudiums in eine Abwasser-Vorlesung. Und sein Berufswunsch kippte: „Wasser ist etwas Faszinierendes. Ich habe es nicht bereut.“ Heute verleiht ihm der schwedische König Carl Gustav in Stockholm den so genannten Wasser-Nobelpreis.
Wilderer ist der erste deutsche Wissenschaftler, der den mit dem 150.000 US-Dollar dotierten Preis der Stockholm Water Foundation erhält. Der Ordinarius für Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Technischen Universität München habe bereits Anfang der 70er-Jahre die Auswirkungen des Menschen auf den Wasserkreislauf erkannt, heißt es in der Begründung. Wilderer fordert seit langem, Trinkwasser nachhaltiger zu nutzen, als es derzeit geschieht.
1,3 Milliarden Menschen leben heute ohne gesicherte Wasserversorgung. Und bis zum Jahr 2025 werden 95 Prozent des Bevölkerungszuwachses in den Städten der Dritten Welt statt finden. Dort dürften nicht die gleichen falschen Wege eingeschlagen werden wie in der industrialisierten Welt, so Wilderer. Die Techniker müssten sich von riesigen Kläranlagen und kilometerlangen unterirdischen Kanälen verabschieden, in denen Regen- und Schmutzwasser vermischt werden. Das Abwasser müsse getrennt und dezentral behandelt werden. Damit würde es zu einem Wertfaktor, aus dem am Ort des Entstehens gleich wieder Wasser zum Trinken und Bewässern sowie Düngemittel gewonnen werden können. Wilderer hat dafür ein biologisches Filtrationsverfahren entwickelt, mit dem der Wasserverbrauch auf 20 Liter pro Kopf und Tag sinken kann. Zum Vergleich: In Deutschland liegt er zur Zeit bei 120 Litern. „Dabei gäbe es keine Wohlstands- oder Komfortverminderung“, betont Wilderer.
Übrigens: Wassersparen ist nicht nur was für Drittweltländer. Der Preisträger hat auch schon reine Luxusprojekte entwickelt. Im neuen Airbus wird man sich dank des 64-jährigen auf dem Weg nach Nordamerika duschen können – mit dem gleichen Wasser, das schon der Vorgänger benutzt hat. Dieses wird in einem Waschmaschinensystem immer wieder bis zu Trinkwassergüte aufbereitet.
REINHARD WOLFF