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Archiv-Artikel

Haushalt soll schärfer kontrolliert werden

Im künftigen Ausschuss zur Kontrolle der EU-Ausgaben sitzen 35 statt 26 EP-Abgeordnete

BRÜSSEL taz ■ Hinter den Kulissen werden dieser Tage die Weichen für fünf weitere Jahre Parlamentsarbeit gestellt. Die Frage, welche Ausschüsse gebildet werden und welche Fraktion die Federführung hat, bestimmt das politische Geschäft ganz wesentlich mit. Denn davon hängt letztlich auch ab, welche Tendenz die Berichte erhalten, mit denen die Abgeordneten die europäische Gesetzgebung beeinflussen.

Die Nachricht, dass sich die Fraktionsvorsitzenden darauf geeinigt haben, den mächtigen Haushaltskontrollausschuss zu „neutralisieren“ klingt zunächst nach einer Abwertung dieses Komitees. Der Ausschuss hat beim Rücktritt der letzten Kommission eine Schlüsselrolle gespielt und die Prodi-Kommission im Zusammenhang mit Unregelmäßigkeiten bei Eurostat in Erklärungszwang gebracht.

Tatsächlich bedeutet „Neutralisierung“, dass die Mitgliedschaft in einem solchen Ausschuss zusätzlich möglich ist. Ansonsten gilt die Regel, dass jeder Abgeordnete nur in einem Ausschuss Vollmitglied, in einem weiteren Bereich Stellvertreter sein kann. Kleine Fraktionen wie die Grünen können mehr Flagge zeigen, wenn sie Abgeordnete zusätzlich in neutralisierte Ausschüsse wie den für Petitionen, Gleichstellung oder Menschenrechte schicken.

Gegen die These einer stillschweigenden Entmachtung des Haushaltskontrollausschusses spricht, dass seine Mitgliederzahl aufgestockt wurde. Statt 26 sitzen nun 35 Abgeordnete in dem Gremium – unter anderem der Exkommissionsbeamte und Betrugsbekämpfungs-Spezialist Paul van Buitenen. Veteranen des Ausschusses wie der österreichische Sozialist Herbert Bösch sind dennoch misstrauisch. Er hält die neue Regelung für ein Zeichen, „dass viele Leute der Meinung sind, weniger Kontrolle wäre besser“.

Die Grüne Heide Rühle sieht dagegen die Vorteile: „Es ergeben sich Synergieeffekte, wenn zum Beispiel ein Mitglied des Haushaltsausschusses auch im Kontrollausschuss sitzen kann.“ Bei anderen Ausschüssen wurde diese Doppelmitgliedschaft sogar zur Bedingung gemacht: Nur wer im Außen- oder Entwicklungsausschuss arbeitet, darf auch in den neuen Menschenrechtsausschuss. Die Mitgliedschaft im neuen Verteidigungsausschuss ist ebenfalls an einen Sitz im Außenausschuss gekoppelt.

Die Ausschussvorsitzenden werden nach dem komplizierten „Hondt’schen Verfahren“ ermittelt. Zunächst darf die stärkste Fraktion, die Konservativen, zweimal zugreifen. Dann sind sie im Wechsel mit den Sozialisten noch viermal an der Reihe, bis die Liberalen das erste Mal den Finger heben dürfen. An 13. Stelle erst dürfen die Grünen einen Wunsch äußern, bis dahin sind die mächtigen Ausschüsse wie Außenpolitik, Haushalt, Verfassungsfragen, Landwirtschaft und Binnenmarkt verteilt. Die Grünen rechnen sich Chancen aus, den Vorsitz im Menschenrechtsausschuss zu bekommen, der allerdings mehr für die großen Gesten zuständig ist. Die Einflussmöglichkeiten des Parlaments sind in den Außenbeziehungen nach wie vor gering, und die erste Geige spielt der außenpolitische Ausschuss.

DANIELA WEINGÄRTNER