: Greenpeace: Gift im KaDeWe
Umweltschützer finden Pestizide und genmanipulierte Lebensmittel in der Feinkostabteilung. Nobelkaufhaus entfernt Produkte und klagt: „Lebensmittelaufsicht hatte nie Beanstandungen“
von CHARLOTTE MISSELWITZ
Im Kaufhaus des Westens (KaDeWe) hat Greenpeace bei einer Stichprobe weit über die zulässigen Grenzwerte hinaus mit Pestizid belastete Lebensmittel entdeckt. „Zwanzig Prozent der untersuchten Frischware war zu hoch belastet“, gibt die Umweltschutzorganisation an. Das Kaufhaus nahm die beanstandeten Produkte sofort aus dem Handel und will die Vorwürfe nun prüfen.
Gestern Morgen entrollten ungefähr sechzig Aktivisten vor dem Haupteingang des KaDeWe ein sechs mal elf Meter großes Transparent: „Gift und Gentechnik – alles muss raus“. Umweltschützer drangen auch in die Feinkostabteilung ein und markierten Produkte gentechnikfreundlicher Firmen und pestizidverseuchtes Obst. Schon am 19. und 30. Juli hatten Greenpeace-Mitarbeiter 20 KaDeWe-Produkte gekauft und anschließend in einem Labor analysieren lassen.
Die Ergebnisse der Greenpeace-Untersuchung: In Trauben und Kopfsalat wurden sogar Giftcocktails mit bis zu acht verschiedenen Giften zur Schädlingsbekämpfung gefunden. Damit ist der „Gourmettempel Berlins nicht besser als Aldi“, so die Verbraucherexpertin der Umweltschutzorganisation Corinna Hölzel.
Die Reaktion des Kaufhauses kam prompt: Die „Hinweise von Greenpeace“ würden „sehr ernst“ genommen. Die beanstandeten Produkte kämen aus dem Sortiment, „ungeachtet einer Prüfung der von Greenpeace gemachten Angaben“. Allerdings habe es bei den bisherigen Kontrollen durch die Lebensmittelaufsicht des Berliner Bezirksamtes nie „Beanstandungen“ erlebt, gab das KaDeWe an.
Die Senatsverwaltung für Gesundheits- und Verbraucherschutz erklärte überraschend gegenüber der taz, die Ergebnisse auf der von Greenpeace veröffentlichten Liste seien „nicht korrekt“. Grenzwerte seien als Ergebnisse veröffentlicht worden. Bei den 2003 landesweit von der Behörde durchgeführten 46 Stichproben von Gemüse und 94 Stichproben von Obst habe es nur 6 Beanstandungen gegeben.
Greenpeace hingegen besteht auf seinen Angaben. Die Proben habe ein staatlich anerkanntes Chemielabor untersucht. Die überschrittenen Grenzwerte seien verzeichnet worden, bei Trauben beispielsweise seien vier verschiedene Pestizide gleichzeitig erkennbar, die den Grenzwert vierzehnfach überschritten.
Die Greenpeace-Aktion galt neben der Pestizidbelastung auch genmanipulierten Lebensmitteln. Zwar verzichten die meisten deutschen Lebensmittelhersteller auf jegliche Zutaten aus genmanipulierten Organismen. Aber Firmen wie die deutsche „Theodor Kattus GmbH“, die asiatische Spezialitäten anbietet, und der Fleischhersteller „Herta“ haben nach Angaben von Greenpeace keine Garantien abgegeben. Laut Verbraucherumfragen würden jedoch 70 Prozent der Deutschen Gentechnik in Lebensmitteln strikt ablehnen.
Viele der Pestizide sind Krebs erzeugend, können das Hormonsystem schädigen und gefährden die Gesundheit von Kindern. Die Auswirkungen von genmanipulierten Lebensmitteln sind dagegen noch nicht feststellbar. Zumindest würden Allergie- und organische Abwehrsysteme durch Genmischungen stark beeinträchtigt.