: Jenseits der Loreley
Mit der Reisedoku „Asiens Ströme – Asiens Zauber“ (Teil 1 heute, 22.15 Uhr) beschifft das ZDF bewährte Gewässer
Dass große Flüsse ganze Kulturkreise speisen, ist das eine. Dass sie aber immer auch Reiseroute sind, ist dem ZDF bequemer Anlass, ihnen einen „Sommerschwerpunkt“ zu widmen und quasi via aqua „Asiens Zauber“ einzufangen.
Im heute ausgestrahlten ersten Teil folgt das Team von Dietmar Schulz dem Brahmaputra (der in Tibet eigentlich Tsangpo heißt) quer durch Tibet, angefangen an seiner Quelle bis zur Hauptstadt Lhasa. Der Titel „Flussfahrt auf dem Dach der Welt“ ist allerdings etwas irreführend, für einen Film über einen 2.900 Kilometer langen Fluss bekommt der Zuschauer erstaunlich wenig Wasser zu sehen. Dass sich die Bilder vor allem zu Beginn kaum um den Brahmaputra kümmern, ist logisch, schließlich ist auch der mächtigste Strom in seinem Ursprung nur ein müdes, hilfloses Rinnsal. Wenn das Team aber drei Wochen später einem nun mehr als tausend Meter breiten Fluss gegenübersteht, hätte man gern mehr gesehen als die kurze Panoramakamerafahrt, die auch noch mit dem unverzichtbaren Asia-Restaurant-Sound unterlegt ist. Stattdessen findet sich der Zuschauer – wie schon oft zuvor – in einem weiteren Kloster wieder, um sinnlich rot-orange gekleidete Mönche beten zu sehen, während eine sonore Stimme aus dem Off Faktenhäppchen zur jüngeren und älteren Geschichte Tibets serviert.
Dass man bei einer Reise durch Tibet um die Religion nicht herumkommt, ist klar, doch sind Klöster und Paläste bald nicht mehr auseinander zu halten, und wie viele Mönche welches Kloster hat, kann man sich kaum noch merken. Der Respekt der Autoren vor der tibetanischen Religiosität und vor allem ihren baulich manifestierten Heiligtümern wird deutlich, die Religiosität selber wirkt leider folkloristisch.
Am spannendsten wird es, wenn die Reporter an die Schnittstellen traditioneller und moderner Kultur geraten, wenn sie etwa den Gründer der ersten tibetanischen Rockband auf die Probe begleiten, wo er mit seinen Bandkollegen in einer grün getünchten Turnhalle probt.
Da wird deutlich, dass Tibet zwar auf dem Dach der Welt, aber lange noch nicht hinterm Mond liegt. Einer der Hits basiert auf einem 300 Jahre alten Text des damaligen Dalai Lama, und auch wenn der Musiker den Einfluss der Chinesen in Tibet kritisiert, will er demnächst auch chinesisch singen, um ganz unheilig seinen Marktwert zu erhöhen. JUDITH HYAMS
„Der Irrawaddy“, 29. 7., 22.15 Uhr„Der Mekong“, 5. 8., 22.15 Uhr