zahl der woche
: Deutschlands billigstes Bier

Die unglaublichen Blüten des Dosenpfands

Während die Bundesregierung gerade sehr für ein einheitliches Pfandrücknahmesystem kämpft, verdient ein Bundesunternehmen daran, dass es dieses nicht gibt. Es verkauft DänInnen und SchwedInnen rekordbilliges Bier: für einen Cent.

Scandlines heißt das zu gleichen Teilen der Deutschen Bahn AG und dem dänischen Staat gehörende Fährschiffunternehmen, das mehrere Linien in der Ostsee betreibt und seit einigen Wochen in skandinavischen Zeitungen annonciert: „Deutschlands billigstes Dosenbier gibt’s in Puttgarden“.

24 Dosen Hansa-Export kosten laut Preisliste 45,95 Dänenkronen, umgerechnet etwa 6,20 Euro. Die Pfandabgabe von je 25 Cent pro Dose ist inklusive. Das ergibt einen reinen Bierpreis von 20 Cent für die 24 Dosen. Die Kundschaft zahlt den Pfand – und bekommt das Bier fast gratis dazu. Weder Aldi noch Lidl können da mithalten.

Scandlines’ Kalkulation: Die Dosen finden nie ins deutsche Pfandsystem zurück, sie werden entweder in einem ausländischen Müllsystem oder in Wäldern und Straßengräben landen. So kann der Handel die 25 Cent Pfand in die eigene Tasche stecken.

„Ein Verstoß gegen deutsche wie dänische Umweltschutzgesetzgebung“, tobt jetzt die Vereinigung dänischer Kaufleute DSK. Außerdem sei das ein Bruch des Wettbewerbsrechts. Jede vierte im Lande getrunkene Bierdose sei mittlerweile in Deutschland gekauft.

Die leere Büchse bringen die skandinavischen Privatexporteure vermutlich zu den im letzten Jahr eingeführten dänischen Rücknahmeautomaten. Pro Dose gibt es dort umgerechnet 20 Cent zurück.

Seit vielen Jahren kaufen vor allem die von staatlicher Alkoholpreisbindung trocken gehaltenen Dänen in Deutschland den vergleichsweise billigen Alkohol. Scandlines zum Beispiel lockt die nordische Kundschaft in einen „Bordershop“, in Puttgarden auf der Insel Fehmarn gleich neben der Anlegestelle. Plötzlich drohte das Dosenpfand aber einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Mit 25 Cent Pfand lag die deutsche Dose nah am dänischen Preisniveau, denn die wenigsten Skandinavier schleppen die Bierkästen oder Pfandflaschen hin und her. „Der Bierverkauf halbierte sich, und es bestand ein Risiko, dass wir Personal entlassen mussten“, klagte Scandlines-Informationschef Gert Jakobsen in der dänischen Tageszeitung Jyllands-Posten.

Scandlines sieht sich überhaupt als Opfer des momentanen „Pfandchaos“. Seit Jahresbeginn habe man den Pfand erhoben. Andere im deutsch-dänischen Grenzgebiet aber hätten darauf verzichtet – sofern die KundInnen versichert hätten, die Getränke noch am gleichen Tag aus Deutschland auszuführen.

Das Argument dieser Läden: Händler, die das Dosenpils ausführen, zahlten auch keinen Pfand. Dem müsse der Privatexport gleichgestellt werden. Das Verwaltungsgericht Schleswig bestätigte diese Auffassung erst vor drei Wochen, hob eine Ordnungsverfügung des Kreises Ostholstein gegen Calle’s Getränkeshop auf.

In Deutschland wird für das Billigbier nicht geworben. Das wundert nicht: Brächten doch die Deutschen ob des kürzeren Anfahrtswegs die Büchsen womöglich zurück und kassierten den Pfand vom Handel wieder ein.  REINHARD WOLFF