: Grüne Yuppies entdecken Links
Es sind die Yuppies unter der neuen grünen Generation, die sich jetzt erstmals mit einem Programmpapier melden: junge, erfolgsorientierte Aufsteiger wie der Kieler Umweltminister Klaus Müller (33), die MdBs Grietje Bettin (29) und Anna Lührmann (21), der Stuttgarter OB-Kandidat Boris Palmer (32) und der Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag, Tarek Al-Wazir (33). Bisher galten sie als Pragmatiker, zusammengeschlossen im „Netzwerk Realismus & Substanz“, jetzt fordern sie: Die Grünen müssen wieder links werden.
Auszüge aus dem Papier, das im Netz unter www .links-neu.de steht:„Entgegen dem Zeitgeist sagen wir: Deutschland und Europa brauchen eine erneuerte Linke, die die neuen Herausforderungen von Gerechtigkeit und Selbstbestimmung aufnimmt. Die Linke kommt nur dann zurück ins Spiel, wenn sie dem konservativen und marktradikalen Gegner und sich selbst wieder etwas zumutet. […] Eine erneuerte Linke zielt nicht auf Gleichmacherei, sondern auf gleiche Freiheit und gleiche Verwirklichungschancen für alle. Sie fühlt sich denen verpflichtet, die in ihren Verwirklichungschancen aufgrund ihrer sozialen Lage, aufgrund bestimmter Handikaps oder aus anderen Gründen benachteiligt sind. Selbstbestimmung richtet sich gegen Obrigkeit und Paternalismus. […]
Das Konzept Links Neu enthält eine doppelte Zumutung an das eigene Spektrum. Es verpflichtet die Modernisierer in Partei und Gesellschaft, sich der Substanzfrage zu stellen, worin der Ertrag für Gerechtigkeit und Selbstbestimmung bei ihren Reformvorschlägen liegt. Und es verpflichtet die traditionelle Linke, sich der Modernisierungsfrage zu stellen. Diese doppelte Zumutung ist jedoch auch eine doppelte Chance. Denn sie bietet zum einen den Modernisierern die Möglichkeit, bestimmte Reformschritte plausibel zu erklären und damit ihr ideelles Vakuum zu füllen. Und sie bietet zum anderen Teilen der traditionellen Linken die Chance, aus der Rolle der Bremser und Blockierer und damit aus der Nische zunehmender gesellschaftlicher Irrelevanz herauszukommen.
[…] Wenn wir von der Gefahr des Neokonservatismus sprechen, meinen wir mehr als ihr aktuelles Zentrum, also die neokonservativen Konzepte zur Außenpolitik in den USA. Wir meinen damit jenes Zusammenspiel von staatlicher Entverantwortlichung, gesellschaftlichem Rückschritt und außenpolitischer Renationalisierung, wie wir es bei den Konservativen beobachten können. Die Konservativen stoßen damit in ein Vakuum aus Pragmatismus und Lethargie, das ihnen, wenn wir nicht aufpassen, eine politische und kulturelle Hegemonie bescheren könnte. […]“