: „Nationale Zonen schaffen“
Querfrontstrategie: Lübecks Neonazis versuchen sich von der Stadt ein Jugend- und Kulturzentrum zu erstreiten, indem sie um die Gunst der Linken buhlen
Lübeck taz ■ Die Titulatur ist neu, das Personal nicht. Als „undogmatische LinksnationalistInnen“ versuchen Lübecks Neonazis ein „nationales Jugendzentrum“ zu erstreiten. Seit Wochen bemühen sich die militanten Rechten, um die ehemaligen Spitzenkandidaten des verbotenen „Bündnis Nationaler Sozialisten“, Jörn Lemke und Jürgen Gerg, eine leerstehende Villa im Stadtteil St. Lorenz beziehen zu können. Unter dem Motto „Schafft zwei, drei, viele Alternativen“ sammeln die Rechten in der Hansestadt Unterschriften, um die Stadt zu einem Gespräch über „ein nationales Jugend- und Kulturzentrum“ zu bewegen.
Denn, so klagt Lemke, trotz „einer Vielzahl von Briefen“ hätte die „Stadtführung keine Gesprächsbereitschaft“ gezeigt. Ein „Nutzungskonzept“ für die Villa Ecke Friedensstraße / Schwartauer Allee hätte der Aktivist der „Freien Nationalisten“ und der Nationaldemokratischen Partei Deutschland (NPD) auch schon „ausgearbeitet“. Im vermeintlich linken Duktus erklären die „LinksnationalistInnen“ auf ihrer Website „Nationale Zonen schaffen“, dass „selbstverwaltete Freiräume der Emanzipation“ dienen, und fordern, das linke Zentrum „Alternative“ (Walli) nicht zu schließen. Der Grund: „Wo linksalternative Projekte geschlossen werden, wird es auch kein nationales Projekt geben“.
Außerdem verliefen „die Grenzen nicht zwischen links und rechts“, sondern zwischen „unten und oben“. Erneut wollen die Rechten mit „nationalrevolutionären Positionen“ Interesse bei der Linken wecken. So finden sich auf ihrer Website neben Links zu rechten Zeitschriften wie wir selbst und Organisationen wie dem „Aktionsbüro Norddeutschland“ auch welche zu linken Zeitschriften wie der Jungen Welt und zu Projekten wie „Bambule“.
Die Querfrontstrategie blieb bisher ohne Erfolg: Die „Walli“ hat durch das „Lübecker Bündnis gegen Rassismus“ die „Solidaritätserklärung entschieden zurückgewiesen“. Neben der Unterschriftensammlung führten die Lübecker Neonazis – unterstützt von norddeutschen ‚Kameraden‘ wie Peter Borchert und Thomas Wulff – eine Kundgebung vor dem Rathaus und eine Mahnwache vor der Villa durch. Bereits Ende Juni besetzten an die 20 Neonazis die Immobilie für drei Stunden, um darauf aufmerksam zu machen, dass ein Zentrum für die „Pflege volklicher Kultur und nationaler Identität“ fehle.
Die Unterschriftensammlung dürfte die Stadt allerdings kaum zu Verhandlungen bewegen. Schon nach der symbolischen Aktion erklärte Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (SPD): „Für die Stadt wäre die Besetzung nur ein Schande geworden, wenn sich die Besetzer etabliert hätten“. Andreas Speit