: Hertha zeigt wieder Nullnummer
Die Berliner kommen gegen den SC Freiburg über ein 0:0 nicht hinaus. Sowohl Nachwuchshoffnung Nando Rafael als auch Routinier Fredi Bobic versagen im Sturm, die Fans sind stinksauer. Allein: Bei Hertha scheint das kaum jemanden zu kümmern
von ANDREAS RÜTTENAUER
Es wird weiter gewartet bei Hertha BSC. Die Nullnummer gegen den SC Freiburg war das dritte Spiel der Saison, und wieder gelang es den Berlinern nicht, ein Tor zu schießen. In den Sportgazetten der Republik beginnt man sich lustig zu machen über die Berliner Nullnummern. Denn Hertha ist der einzige Verein im bezahlten Fußball, der in dieser Saison noch kein Tor erzielt hat. Doch Krisenstimmung scheint nicht aufzukommen.
Vor allem einer in der Chefetage des Vereins hat Verständnis für seine Angestellten. Einst, als Hertha-Manager Dieter Hoeneß selbst noch gegen den Ball trat, tat er dies als Stürmer. Und wie so mancher Stürmer hat auch er Phasen durchlebt, in denen er nicht getroffen hat. Der lange Mann wurde auch von den eigenen Fans nicht selten verhöhnt. Wahrscheinlich hat er deshalb ein Herz für Stürmer.
In der vergangenen Saison wurde er nicht müde, über die Qualitäten des brasilianischen Weltmeisters Luizao zu referieren, die dieser in Berlin bislang nur sehr spärlich eingesetzt hat. Luizao ist derzeit verletzt, Neuverpflichtung Artur Wichniarek sitzt eine Rotsperre ab, sodass am Samstag die Hoffnungen auf den Schultern des wegen Rückenproblemen angeschlagenen Fredi Bobic und des Angolaners Nando Rafael ruhten.
Die beiden harmonierten recht gut und bedienten sich gegenseitig in der Sturmspitze. Der 19-jährige Jungspund Rafael kam auf diese Weise dreimal frei stehend vor SC-Keeper Richard Golz zum Torschuss, versagte jedoch jedes Mal. Vier Minuten vor Spielschluss hatte auch Fredi Bobic im Fünfmeterraum freie Bahn. Auch der Routinier versagte. „Dafür gibt es keine Erklärung“, meinte Exstürmer Hoeneß nach Spielschluss milde lächelnd, „das ist den Stürmern früher auch schon passiert, und da gab es auch keine Erklärung.“ Schön, wenn man als Fehlschütze so einen Chef hat.
Der ehemalige Ajax-Schüler Rafael, der am letzten Spieltag der vergangenen Saison mit zwei Toren gegen Kaiserslautern Hertha in den Uefa-Cup schoss und schon als Superstar von morgen gehandelt wurde, stellte sich nach seinem missglückten Auftritt mit traurigen Augen der Presse. Als erster Hertha-Torschütze der Saison 2003/2004 hätte er zum Helden für einen Tag werden können und seinen Anspruch auf einen Stammplatz im Sturm untermauern können. „Man ist immer unglücklich, wenn man nicht trifft“, sagte er stattdessen. Die mitfühlenden Worte seines Sturmpartners Bobic werden ihm kaum trösten: „Lasst den Jungen in Ruhe“, bat er die Pressevertreter, „und kritisiert mich!“
Keiner wollte dem anderen wehtun nach der nicht gerade überzeugenden Vorstellung gegen den Aufsteiger aus dem Breisgau. Mitgefühl und Verständnis allüberall. Auch Trainer Stevens mochte nicht böse sein ob der Pfiffe aus der Fankurve, die unter anderem auch ihm persönlich galten: „Die Fans können nicht die Namen jedes einzelnen Spielers nennen, da nehmen sie eben den des Trainers.“ Das Wort Krise wurde ebenso wenig erwähnt wie Giovane Elber, der vor Wochenfrist von einigen schon als Neuberliner gehandelt worden war. Die Herthaner scheinen sich auf das Gesetz der Serie zu verlassen und davon auszugehen, dass wie in der Vorjahren auf einen durchwachsenen Saisonstart der Durchbruch folgt.
Man macht auf Harmonie in Berlin, da können die Anhänger noch so sehr pfeifen. Eine gute Nachricht für die stinksauren Fans gab es auch an diesem Nachmittag. Nachdem im Olympiastadion monatelang nur light getrunken werden durfte, gab es endlich wieder Vollbier an den Imbissbuden. Wenigstens der Frusttrank war gesichert.