: Wirtschaftslobby päppelt CDU-Kandidaten
Wie die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ im NRW-Kommunalwahljahr für CDU-Bewerber Reklame macht
KÖLN taz ■ Ausgestattet mit Millionengeldern der Wirtschaft macht die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ Werbung für CDU-Kandidaten im NRW-Kommunalwahlkampf. Zehn Wochen vor dem Urnengang würdigte die in Köln ansässige Lobby-Organisation jetzt den Hammer CDU-Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann als einen der zehn „reformfreudigsten“ Rathauschefs Deutschlands. Zuvor hatten die Initiative bereits die CDU-OBs Berthold Tillmann (Münster) und Joachim Erwin (Düsseldorf) gelobt.
„Das ist keine Wahlwerbung“, sagt Jan Loleit von der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM). Die „wissenschaftliche Untersuchung“ habe bundesweit die besten Kommunalchefs ermittelt. „Unter den Top Ten platzierten sich vier SPD-, und fünf CDU-Städte“, besteht Loleit auf Überparteilichkeit. Sogar ein Grüner sei in die OB-Eliteliste aufgenommen worden. Im Wahlkampfland NRW belobigte die INSM nur einen sozialdemokratischen Amtsinhaber: Aachens OB Jürgen Linden.
Selbst in Hamm wurde die Ehrung für den „reformfreudigen“ CDU-OB zurückhaltend aufgenommen. Der erst seit wenigen Jahren amtierende Metzgermeister Hunsteger-Petermann hat in der ehemaligen Zechenstadt zwischen Münsterland und Ruhrgebiet weiterhin mit den Problemen des Strukturwandels zu kämpfen. In einer neuen Studie der Prognos AG und des Handelsblattes werden die Erfolge des Rathauschefs weitaus skeptischer beurteilt. In einem Ranking von 439 untersuchten Städten landet Hamm nur auf dem enttäuschenden Rang 245. In der Rubrik „Wohlstand“ schaffte es die 180.000-Einwohner-Kommune nur auf Platz 315. Fast alle Städte im Revier lagen bei Prognos weit vor Hamm – die INMS aber bevorzugt die CDU-Stadt im Mittelmaß. OB Hunsteger-Petermann sieht „keinen Widerspruch“ zwischen Prognos- und INMS-Studie: Bei den Zukunftschancen liege seine Stadt sogar fast auf einem Niveau mit Dortmund.
Die INMS belegt damit zum wiederholten Male ihre Nähe zu konservativer bis wirtschaftsliberaler Politik. Vom Verband der Metallindustrie mit 10 Millionen Euro im Jahr finanziert, wirbt die INMS in der Gesundheitspolitik für das CDU-Modell der Kopfpauschale und ernannte im vergangenen Jahr den Saarländer Peter Müller (CDU) zum besten Ministerpräsidenten in der Republik. In den nächsten Monaten geht die Kampagne aus Köln weiter: mit schicken Werbe-Clips auf MTV. MARTIN TEIGELER