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Archiv-Artikel

Politischer Häftling mit unbeugsamem Willen

Seit 24 Jahren sitzt Abbas Amir Entezam im Iran im Gefängnis. Obwohl schwer krank, kämpft er weiter um sein Recht

Seit fast 24 Jahren befindet sich Abbas Amir Entezam in Haft. Damit ist der Siebzigjährige der „dienstälteste“ unter den politischen Gefangenen im Iran. Amir Entezam war Sprecher der Regierung Bazargan, des ersten, von Ajatollah Chomeini ernannten Ministerpräsidenten nach der islamischen Revolution. Er wurde Opfer eines Machtkampfs zwischen gemäßigten Anhängern Bazargans, die die Gründung eines liberal geführten islamischen Staats anstrebten, und Islamisten, die ihre Vorbilder in der islamischen Urgemeinde suchten und durch eine permanente Revolution eine Neugeburt des Islam im Sinn hatten.

Die Ernennung des liberalen Bazargan war Chomeinis erster kluger Schachzug. Sie sollte der Befürchtung, Iran werde bald von fundamentalistischen Theokraten beherrscht werden, entgegenwirken. Zudem wollte Chomeini Zeit gewinnen, um die Instrumente der eigenen Macht zu schmieden. Nach neun Monaten war es so weit. Radikalislamische Studenten, die bereit waren, für den Revolutionsführer und den Islam den Märtyrertod zu sterben, stürmten die US-Botschaft in Teheran und nahmen mehr als fünfzig Geiseln. Zu der Zeit hielt sich Entezam als Botschafter Irans in Schweden auf. Wenige Tage nach der Botschaftsbesetzung wurde er vom Außenminister aufgefordert, sofort nach Teheran zurückzukommen. Er merkte nicht, dass die Unterschrift des Ministers auf dem Schreiben gefälscht war. Er folgte der Aufforderung. Wenige Stunden nach seiner Ankunft wurde er verhaftet.

Die Geiselnehmer behaupteten, in den Geheimdokumenten, die sie in der US-Botschaft entdeckt hätten, sei auch der Name Entezams auf der Liste der Mitarbeiter des US-Geheimdienstes CIA aufgeführt worden. Zwar ist fraglich, ob diese Liste überhaupt existierte. Dennoch diente sie als wirksame Waffe, um jeden Gegner aus dem Weg zu räumen.

Nach langen Verhören wurde Entezam im Juni 1981 vom islamischen Revolutionsgericht zu lebenslanger Haft verurteilt. Man hatte ihn, wie er später berichtete, brutal geschlagen und gefoltert, mehrmals wurde er lebendig in einen Sarg gelegt und oft gezwungen, Hinrichtungen und Folterungen beizuwohnen.

Nach achtzehn Jahren wurde Entezam, unter dem Druck internationaler Menschenrechtsorganisationen, aus der Haft entlassen. Doch er wollte die achtzehn Jahre Erniedrigung und Misshandlung nicht hinnehmen. Er verlangte einen öffentlichen Prozess und seine Rehabilitierung. In Interviews schilderte er, was ihm widerfahren war. Diese Standhaftigkeit führte ihn erneut in den Kerker. Dort schrieb er ein politisches Manifest, in dem er ein Referendum forderte. Das Volk solle entscheiden, ob es weiter die Herrschaft der Islamisten dulden will.

Der Gesundheitszustand des Siebzigjährigen ist äußerst kritisch. In einem Brief an Danièle Mitterrand, Gattin des ehemaligen französischen Präsidenten, schrieb er: „Ich bin in einem Geheimprozess, ohne Verteidiger und Geschworene, zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Meine Proteste gegen dieses unrechtmäßige Urteil wurden stets ignoriert. Ich möchte Sie und alle, die die Freiheit der Individuen achten, bitten, über das UNO-Komitee für Menschenrechte auf die iranische Regierung Druck auszuüben, damit mein Fall erneut von einem ordentlichen öffentlichen Gericht behandelt wird.“ BAHMAN NIRUMAND