JOSCHKA FISCHER WAR AUF WERBETOUR FÜR EINEN SITZ IM SICHERHEITSRAT : Reklame ohne Botschaft
Was als Ambition daherkommt, ist zunächst mal eine Kapitulation. Seit Monaten trommeln Gerhard Schröder und Joschka Fischer für einen dauerhaften deutschen Sitz im UNO-Sicherheitsrat, der Außenminister widmete gerade ein gut Teil seiner zehntägigen Asientour der Reklame dafür. Für die europäische Idee aber bedeutet der forsche Anspruch der Deutschen eine Niederlage. Die rot-grüne Bundesregierung hat ihr lang gehegtes Ziel preisgegeben, bei der anstehenden UNO-Reform einen gemeinsamen Sitz für die Europäische Union zu fordern. Chancenlos sei das Anliegen, beteuern die Diplomaten jetzt. Doch ist es reiner Zufall, dass Fischers Engagement für den EU-Sitz just erlahmte, da er sich von der Hoffnung verabschiedete, Außenminister Europas zu werden?
Natürlich ist der Gedanke an einen deutschen Sitz nicht per se verwerflich. Allerdings bleibt die Regierung bisher gute Argumente schuldig. Wie, warum und wozu sind die Fragen, auf die Schröder und Fischer Antworten liefern müssen. Wie soll das gehen? Gar nicht, sagen die Gegner der Idee, erweisen sich damit freilich als ähnlich antriebsarm wie Rot-Grün in der Frage des EU-Sitzes. Die internationalen Widerstände gegen einen deutschen UNO-Sitz sind nicht unüberwindlich. Im Gespräch ist eine Vergrößerung des Rates von fünf auf zehn ständige Sitze, so dass keine der fünf Vetomächte auf ihren Sessel verzichten müsste und auch Kontinente wie Südamerika noch Platz fänden.
Aber warum gerade Deutschland? Hier gerät die Schröderfischertruppe ins Schleudern, denn ihre Erklärungen sind rückwärts gewandt. Die Bundesrepublik zahle so viel an die UNO, beteilige sich so eifrig an Blauhelmmissionen und überhaupt sei Deutschland ein feiner Kerl geworden. Indem die Bundesregierung daraus einen Sitz im Sicherheitsrat ableitet, reklamiert sie eine Entschädigung für Leistungen in der Vergangenheit, statt Angebote zu machen für ihre Rolle in einer reformierten UNO.
Es fehlt also schlicht an einem Entwurf, wozu die dauerhaften Deutschen im Sicherheitsrat gut sein sollen. Entscheidend ist, ob die UNO den ständigen Sitz der Deutschen braucht – nicht ob zwei deutsche Politiker ihn nützlich finden.
PATRIK SCHWARZ