: Die Betrügerin
„Ich habe beschissen“, gibt Sabine N. zu. Beim Bafög-Beantragen hat sie versäumt, ihr Erspartes anzugeben
Warum Sabine N. ihren Nachnamen nicht nennen mag, macht Sinn. „Ich habe beschissen“, gibt sie zu. Sabine N. hat in Köln studiert, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft, und Bafög bezogen. Zum Schluss waren es 250 Euro im Monat, insgesamt 7.000 Euro während des Studiums. Davon hat sie Bücher gekauft und Essen bezahlt. Alles andere, Miete, Kino, Theater, Urlaub und den schicken Rock, den sie trägt, finanzierten die Eltern. Und in Nebenjobs erwarb sie Berufserfahrungen und Wissen über Theater und Film.
Die Nebenjobs warenlukrativer als gedacht
Die Jobs erwiesen sich als lukrativer als gedacht, und so tat Sabine N. das, was so viele Deutsche tun, was der Konjunktur schadet und was sie nach dem Bundsausbildungsförderungsgesetz (Bafög) nicht übermäßig machen darf: Sparen. Mehr als 3.100 Euro durfte sie im Jahr 2000 nicht auf dem Konto haben. Sie hatte 3.250 Euro – und dachte, dass niemand das merken würde. Außerdem brauchte sie das Geld: Wer länger als neun Semester studiert, bekommt kein Bafög mehr.
Dummerweise merkte es doch jemand. Und so gehört sie jetzt zu den „Mogelstudenten“. Das Bafög-Amt blickte in den Freistellungsauftrag, den ihre Eltern für sie bei der Bank gestellt hatten, und den das Bundesamt für Finanzen seit 2000 nicht nur zentral verwaltet, sondern auch weitergeben darf.
Aus dem Auftrag ging die ungefähre Größe ihrer Ersparnisse hervor, und damit begannen die Mühlen der Studienausbildungsförderung zu mahlen: Sie erhielt Aufforderungen zur Offenlegung all ihrer Konten und sofortigen Rückzahlung von allem je gezahlten Bafög-Geld.
Kurz vor Anfang des Studienendes zahlte Sabine N. also 7.000 Euro zurück, nachdem sie ihre Eltern um genau diese Summe angepumpt hatte. Normalerweise hätte sie nur 3.500 Euro zurückzahlen müssen, die Hälfte des Fördergeldes bekommen die Studenten geschenkt. Wenn sie die 3.500 Euro auf einen Schlag bezahlt hätte – was möglich gewesen wäre, ihre Eltern hätten ihr auch diese Summe geliehen –, dann hätte sie noch zusätzlichen Rabatt bekommen. De facto hat sie also durch 150 Euro zu viel auf dem Konto mehrere tausend Euro verloren.
Sabine N. findet ihr Sparen gerechtfertigt: „Da sagen die immer, man soll flexibel sein, sich vielleicht selbstständig machen, aber dann darf man nicht mehr als 3.100 Euro ansparen“, sagt sie, „davon kann man keine Sprünge machen.“ Außerdem war ihre Intuition, dass die 150 illegalen Euro geheim bleiben würde, fast richtig. Hätten ihre Eltern nicht den Freistellungsauftrag gestellt, sie hätte ohne Folgen noch viel mehr Geld besitzen können.
Sabine N. kann aber auch die strenge Bafög-Behörde gut verstehen: „Ich habe halt beschissen.“ MAREKE ADEN