Daum bleibt Türke

Christoph Daum gastiert mit Fenerbahce Istanbul in Köln. Die Trainerdiskussionen überstrahlen den sportlichen Test

KÖLN taz ■ Mit stechendem Blick schaute Christoph Daum in die Runde der Hundertschaft deutscher und türkischer Journalisten, die sich im Presseraum des RheinEnergie-Stadions versammelt haben. Er schien zu wissen, was ihn erwartete. Der Trainer von Fenerbahce Istanbul verlor ein paar warme Worte über die „tolle Kulisse“ im Kölner Stadion – knapp 30.000 Zuschauer, darunter mindestens 5.000 Türken, hatten das 2:2 im Testspiel (Anstoß: 11 Uhr!) zwischen dem Zweitligisten 1.FC Köln und dem türkischen Meister gesehen. „Es war ein wunderbares Fußballfest“, befand Daum. Nachdem der 50-Jährige ein bisschen Spielanalyse betrieben und sein Kölner Kollege Huub Stevens „zu viele persönliche Fehler“ seiner Profis kritisiert hatte, wurde es ernst für Daum.

Die Pressekonferenz geriet zu einer Art Kreuzverhör. Daum ließ dabei alle Fragen aus dem Türkischen ins Deutsche übersetzen und antwortete natürlich auch nur in Deutsch. Wie das Verhältnis zum Fenerbahce-Vorstand aussehe, wollten die türkischen Journalisten wissen. Daum zögerte: „Ich muss aufpassen, dass ich nichts Falsches sage. Es gibt wohl Leute, die mich nicht bei dem Verein haben wollen“, sagte der Coach, der dabei von drei türkischen TV-Kameras gefilmt wurde. Er habe geglaubt, dass Erfolg zusammenschweiße, das sei aber wohl nicht so. Daum weiter: „Es ist aber auch nicht einfach in einem Verein mit 15 Vize-Präsidenten.“ Der Coach war zu Beginn der vergangenen Saison zu Fenerbahce gekommen – und gewann auf Anhieb die Meisterschaft.

Doch darunter, dass er in Deutschland als einer der Kandidaten für die Nachfolge von Rudi Völler gehandelt wurde, scheint das Vertrauen in den Coach gelitten zu haben. Er konnte sagen, was er wollte: „Ich bleibe bei Fenerbahce. Ich habe einen Vertrag bis zum Saisonende. Ich bin dem Verein mit Herz und Verstand verpflichtet.“ Doch es nutzte nichts: Die Journalisten insistierten, fragten immer wieder, ob er wirklich in Istanbul bleiben wolle. Bis Daum schließlich sagte: „Jetzt reicht‘s! Ihr habt genug zu schreiben.“ Und ging.

Überhaupt gab es allerlei kuriose Dinge in Köln zu sehen. Ex-FC-Trainer Daum hatte in der vergangenen Woche am Geißbockheim mit seinen Profis auf die Saison vorbereitet – stets bewacht von einem Rudel in Schwarz gekleideter Bodyguards. Unerwartet tummelte sich da der ehemalige Fußballgott und Bayer-Sportdirektor Jürgen Kohler auf dem Trainingsplatz. Nach seiner Vertragsauflösung in Leverkusen hospitierte er bei Daum. Lehrreich muss das Praktikum für Kohler gewesen sein. Konnte er doch miterleben, wie ein erfolgreicher Fußball-Lehrer eine türkische Mannschaft trainiert, ohne dabei auch nur ein Wort türkisch anzuwenden.

Seine Anweisungen gibt Daum, der bereits in sein insgesamt fünftes Jahr in der türkischen Liga geht, auf Deutsch ab. Ein Dolmetscher-Assistent steht bereit und übersetzt konsekutiv. Wahrscheinlich ist das auch gut so. Auskünfte über seine türkischen Sprachkünste machte Daum im Kölner Express: “Ich spreche etwas Tarzan-Türkisch“ – was immer auch darunter zu verstehen ist, im Training würde es vermutlich zu Missverständnissen führen. Auf jeden Fall ging Daum nicht, ohne etwas für das Kölsche „Hätz“ zu tun: Huub Stevens sei „der beste Trainer“, den der FC habe bekommen können, teilte er mit. Der FC, ein Verein mit einem so tollen Stadion, gehöre unbedingt in die erste Liga. Er wünsche dazu viel Glück. Das wird er in Istanbul wohl auch brauchen.

CHRISTIANE MITATSELIS