: Neuer Wind im Waldau
Das Waldau hat neue Betreiber: Susanne und Klaus Marth, die mit viel Eigeneinsatz und niveauvollem Niederdeutschen an verschüttete Traditionen anknüpfen wollen. Vermutlich unter dem Namen „Marth’s“
Das insolvente Waldau-Theater hat einen neuen Betreiber: Die „Marth-Productions“, die in Bremervörde bereits ein Freilufttheater führen. Am 1. Oktober wird das Ehepaar Marth die Waller Bühne übernehmen und unmittelbar mit den Proben für die Weihnachtsmärchen beginnen – „Rumpelstilzchen“ für die Kleineren, die „Schatzinsel“ für die etwas Älteren. Silvester soll dann die „Feuerzangenbowle“ als erstes Abendstück Premiere feiern. Der Spielplan für das gesamte erste Jahr steht bereits fest.
Mit der „Feuerzangenbowle“ hatten die Marths vor zwei Jahren auch ihre Bühne am Vörder See eröffnet. Je nach Wetterlage spielen sie dort vor 200 bis 600 ZuschauerInnen: Diese Dimension des Waldautheaters (505 Plätze) ist ihnen also einigermaßen vertraut. Ansonsten aber haben sie mit der Übernahme von Bremens zweitgrößtem Theaterhaus ein gewaltiges Projekt in Angriff genommen – das sie zunächst ohne öffentliche Zuschüsse stemmen wollen. „Anfang nächsten Jahres werden wir bei den zuständigen Stellen mal anklopfen“, sagt Klaus Marth, aber zunächst gelte es, „etwas zu zeigen“. Für die Marths bedeutet das: selber spielen, Regie führen und Bühnenbilder bauen. Wie viele der bisherigen (durch die Insolvenz in die Arbeitslosigkeit entlassenen) Waldau-MitarbeiterInnen mittelfristig wieder beschäftigt werden könnten, sei noch unklar. Für die ersten Produktionen würden zunächst acht bis zehn SchauspielerInnen benötigt – auf Honorarbasis. Marth: „Vielleicht kommen wir irgendwann wieder dahin, ein festes Ensemble haben zu können.“
Jetzt gelte es, „vieles, was am Waldau mal gut war“, wieder aufzunehmen. Dazu zählt Marth die Mitte der Achtzigerjahre inszenierten Studioproduktionen, bei denen mit Sartres „Geschlossener Gesellschaft“ oder „Ella“ von Achternbusch viel Anspruchsvolles gewagt worden war. Auch auf platt, etwa eine niederdeutsche Version von Franz Xaver Kroetz’ „Oberösterreich“.
Unter Michael Derda, dem letzten Intendanten, sei nicht nur das gesamte Theater „klassisch vor die Wand gekarrt“ worden, speziell das niederdeutsche Programm habe gelitten. „Es war schmerzlich, das mitanschauen zu müssen“, sagt Marth. 1996 war er der erste Waldau-Mitarbeiter, der es wagte, das Haus mit lautem Knall zu verlassen – das heißt in offenem Streit mit Derda. 1998 verließ auch Susanne Marth die Waller Bühne.
Nun wollen die Marths den Anteil des Niederdeutschen – „und zwar in guter Qualität“ – wieder „bei wenigstens 40 Prozent“ installieren. Den Anfang soll Ende Februar die Premiere von „Mudder Mews“ machen. Deren Autor Fritz Stavenhagen steht in der Tat eher für Drama als für Schenkelklopfen.
Im Übrigen soll sich auch die Preispolitik ändern: „Wir werden die Eintrittspreise durch die Bank runterschrauben“, kündigt Marth an. Deren Höhe sei in den letzten Jahren geradezu „frech“ gewesen. Marth: „Man kann nicht Hamburger Theaterpreise nehmen und ein künstlerisches Nivau wie aus dem Bayerischen Wald präsentieren.“
„Zu 99,5 Prozent“ ist sich Klaus Marth sicher, dass das Haus in „Marth’s“ (mit großem ART) umbenannt wird. „Der alte Name hat in den letzten Jahren zu viel gelitten. Diesem schlechten Image müssen wir entgehen.“ Die weiteren Planungen sollen in den nächsten Tagen der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Henning Bleyl