Schill-out in Hamburg

Hamburgs Bürgermeister von Beust feuert den rechtspopulistischen Innensenator Schill:Der hatte zuvor gedroht, die Homosexualität des Bürgermeisters zu outen. Karlsruhe ermittelt

BERLIN/HAMBURG dpa/taz ■ Gestern hat die Figur des Richters Gnadenlos ihr politisches Leben beendet: Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) entließ den Gründer der rechtspopulistischen Schill-Partei und Koalitionär Ronald Barnabas Schill aus dem Senat der Hansestadt. Von Beust erklärte zur Begründung, Schill habe ihm gedroht, sollte er dessen Staatsrat Walter Wellinghausen wegen seiner ungeklärten Nebengeschäfte als Beamter entlassen, werde er „öffentlich publik“ machen, „dass ich meinen angeblichen Lebenspartner Justizsenator Roger Kusch zum Senator gemacht habe und damit Privates und Politisches verquickt habe“. Diese Erpressung wollte sich der Bürgermeister nicht gefallen lassen.

Der erst vor knapp zwei Jahren zum Stadtoberhaupt gewählte Ole von Beust warf Schill daraufhin nicht nur aus seinem Amtszimmer – sondern gleich aus dem Job: Der Innensenator, der in den vergangenen Jahren als Verfechter einer ausländerfeindlichen Politik von sich reden machte, sei, so von Beust, „charakterlich nicht geeignet, das Amt eines Hamburger Senators weiter zu führen“.

Auf einer Pressekonferenz bekräftigte Schill seine Vorwürfe gegen von Beust, die er ausdrücklich nicht als Kritik am Schwulsein des Bürgermeisters verstanden wissen wollte. Vielmehr habe er nur auf das Ungleichgewicht hinweisen wollen. Die hohen moralischen Ansprüche, die für die Schill-Partei gegolten haben, hätte von Beust auch erfüllen müssen. Der Bürgermeister und der Justizsenator seien ein Paar – und das sei anstößig.

Der Bürgermeister wies diese Kritik zurück; er kenne Kusch zwar seit 25 Jahren, aber sie seien keine Lebenspartner.

Davon abgesehen, dass Ole von Beust als erster Unionspolitiker der vorderen Reihe seine Homosexualität nicht mehr beschwieg, sie vielmehr als so normal wie gegeben artikulierte (nämlich gar nicht), gilt der geschasste Innensenator Ronald Schill inzwischen als politisches Strandgut. Schill geißelte noch gestern Nachmittag die Politik als „schmutziges Geschäft“.

Parteifreunde wie der Hamburger Fraktionschef der Schill-Partei, Norbert Frühauf, sahen keinen Grund, über Neuwahlen nachzudenken. Vielmehr sollte, ginge es nach ihm, die rechtskonservative Koalition weitergeführt werden – auch ohne Schill als Patron.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe prüft derweil, ob Schill sich des Delikts der Nötigung eines Verfassungsorgans schuldig gemacht habe und man deshalb ermitteln müsse. JAF

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