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Archiv-Artikel

Börsenaufschwung auf weicher Basis

Seine jüngste Klettertour hat der DAX vor allem einer besseren Stimmung zu verdanken. MLP aus Index verbannt

BERLIN taz ■ Dass an der Börse vor allem Hoffnungen gehandelt werden, zeigt sich zurzeit besonders gut. Der Deutsche Aktienindex (DAX) unternimmt seit Monaten eine steile Klettertour. Die Daten aus der realen Wirtschaftswelt bieten dafür nur wenig Anlass. Erst im März sank der DAX auf unter 2.200 Punkte. Der tiefste Stand seit November 1995 war vor allem eine Reaktion auf die drohenden Irakkrieg. Unklar war für die Anleger auch, wie sich die Ätzereien zwischen amerikanischen und deutschen Politikern wegen der Krise auf die Wirtschaft auswirken. Das Tal der Tränen scheint nun mehr als durchschritten. Die DAX-Aktien verteuerten sich in fünf Monaten um durchschnittlich 60 Prozent; ein Aufschwung, bei dem der weltweit führende amerikanische Aktienindex Dow Jones nicht mithalten konnte.

Bei einem Stand von über 3.500 Punkten hätten die Börsianer in Frankfurt diese Woche den 11-Monats-Rekord des Index feiern können. Doch Partylaune kommt nicht auf. Der Aufschwung stützt sich vor allem auf so genannte weiche Stimmungsindikatoren – die man auch „Hoffnungen“ nennen könnte. Unerwartet stark stieg diese Woche etwa der Indikator des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, der die Erwartungen von Finanzexperten an die Konjunktur misst. Ende Juli stieg bereits zum dritten Mal der Ifo-Geschäftsklimaindex.

Für viele Experten ist das kein Grund für große Euphorie, denn „harte“ Fakten für eine Konjunkturbelebung sind bislang Mangelware. Die Prognosen sagen für dieses Jahr eine stagnierende Wirtschaft voraus, im nächsten Jahr soll sie um etwas mehr als 1 Prozent wachsen. Der jetzige Aufschwung sei vor allem eine Gegenreaktion auf die lange Unterbewertung der Aktien an deutschen Börsen, sagte Karl-Dietrich Gräff von der Commerzbank gestern der taz. Bei der lahmenden Weltkonjunktur hätten die deutschen Börsen wegen der stark exportabhängigen Wirtschaft besonders gelitten. Gräff geht aber nicht davon aus, dass der DAX-Boom nur heiße Luft ist. „Tendenziell geht es jetzt nach oben“, sagt der Finanzexperte. Viele Aktien seien immer noch unterbewertet. Außerdem hätten viele Unternehmen „erfolgreich gespart“ und stünden wieder gut da. Gräff: „Jetzt muss nur noch die Nachfrage kommen.“

Profitieren könnte der DAX aber von einer neuen Entscheidung. Der Fiananzdiensleister MLP verschwindet wegen fehlender Marktkapitalisierung aus dem DAX 30. Auf seinen Platz rückt der weniger schwankungsanfällige Autoteilezulieferer Continental. MARIUS ZIPPE