kusch-attentat : Souveräne Justiz
Das war eine überzeugende Vorstellung der dritten Gewalt. Die Justiz hatte es mit dem Prozess gegen die Kusch-Attentäterin nicht leicht. Das juristische System ist schlichtweg inkompatibel mit der Welt der Yvonne C., die der Gutachter als komplexes Wahnsystem geschildert hat.
Kommentarvon Markus Jox
Für den Prozess, den man wohl auch in wenigen Stunden hätte durchziehen können, hat sich das Gericht drei Tage Zeit genommen. Die Attentäterin durfte ihre Verschwörungstheorien in epischer Breite ausführen, der Vorsitzende leitete das Verfahren mit großer Sensibilität. Glaubhaft wies er Mutmaßungen zurück, das Verfahren hätte nur aufgrund der Prominenz des Opfers vor dem Schwurgericht stattgefunden. Politisch beeinflusst war dieser Prozess nicht.
Er zeigte nur einmal mehr: Absolute Sicherheit für Spitzenpolitiker kann es – siehe Schäuble oder Lafontaine – nicht geben. Roger Kusch hat großes Glück gehabt, dass er mit leichten Blessuren davon kam. Niemand jedoch wünscht sich, dass ein Justizsenator oder ein Bürgermeister sich nur noch mit einer bis an die Zähne bewaffneten Entourage in die Öffentlichkeit wagt.
In Bremen wurde gerade eine Frau mit ähnlichem Krankheitsbild in die Psychiatrie eingewiesen. Sie hatte ihre Nachbarin erstochen. Dort wird jetzt über „Zwangsmedikation“ bei erwiesenermaßen gefährlichen psychisch Kranken diskutiert: Ein Spagat zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Kranken und dem Schutz der Öffentlichkeit.
Einfache Lösungen gibt es nicht.