Allein erziehende Mütter im Härtetest

Nimmt die Arbeitsagentur allein erziehende Mütter in den Ferien aufs Korn? Die Agentur verneint. Mütter jedoch nennen es „Schikane“, wenn sie von einem auf den anderen Tag zu „Trainingsmaßnahmen“ bestellt werden – und Kindergärten zu haben

bremen taz ■ Drei Tage lang hat Barbara K. versucht, das schier Unmögliche möglich zu machen: Weil sie eine achtwöchige Trainingsmaßnahme des Arbeitsamtes besuchen soll, musste sie von einem auf den anderen Tag eine Betreuung für ihre drei kleinen Kinder finden. Fünf, sieben und zehn Jahre sind die Kleinen alt, die beiden Jüngsten zurzeit gesundheitlich angeschlagen. Das erschwerte der allein Erziehenden die Aufgabe zusätzlich – zumal deren eigene Mutter, die sonst einspringt, gerade im Krankenhaus liegt.

Vergangenen Dienstag klingelte ihr Telefon, am Apparat: die Arbeitsagentur. Zwei Tage später, am Donnerstag sollte die Weiterbildung beginnen. Denkbar kurzfristig. Nur einen Tag besuchte K. den Kurs. Dann suchte sie das Gespräch mit der Arbeitsagentur – ohne klaren Ausgang. Nun fürchtet sie Nachteile. Und sie ist wütend. „Mitten im Sommer, wenn die Kindergärten geschlossen sind – was soll das?“, fragt sie gestresst – und verärgert. „Ich würde gern an dem Kurs teilnehmen.“

Prüft die Arbeitsagentur in der Sommerzeit – wenn Kindergärten und Horte nur Notdienste fahren – allein erziehende Mütter verstärkt auf ihre „Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt“? Agentursprecher Jörg Nowag verneint. „Es gibt kein solches geschäftspolitisches Ziel“ – etwa um Mütter aus dem Kreis derer zu werfen, die Geld von der Bundesagentur beziehen. Barbara K. kann das schwer glauben. Ihre Sachbearbeiterin habe schon gefragt, wie es mit den Herbstferien aussehe – und erklärt, dass Erwerbslose für den Arbeitsmarkt bereitstehen müssten.

Barbara K., die im vergangenen Jahr noch auf einer BSHG-19-Stelle im Kulturbereich arbeitete und heute Arbeitslosenhilfe in Sozialhilfehöhe bezieht, fühlt sich diffamiert. Man habe ihr geraten, sich beim Sozialamt zu melden, wenn sie nicht arbeiten könne. „Aber ich suche Arbeit“, sagt sie. „Und ich stehe dem Arbeitsmarkt auch zur Verfügung.“ Nur für Schikane stehe sie ungern bereit.

Arbeitsagentursprecher Nowag erklärt dazu, niemand wolle eigens solche Probleme schaffen. Doch gebe es in diesem Jahr erstmals über die Sommermonate hinweg durchgehend Kursangebote. Diese müssten genutzt werden. „So kann es auch mal zu kurzfristigen Einladungen kommen“, sagt Nowag. Wer sich davor schützen wolle, müsse Urlaub anmelden.

In dem ihr zugewiesenen Kurs, den Barbara K. nur einen Tag besuchte, traf sie gleich zwei Mütter in ähnlicher Lage. „Die fürchten alle Probleme“, sagt sie. Deshalb schwiegen die meisten. Auch sie selbst möchte ihren ganzen Namen deshalb nur ungern in der Zeitung lesen.

Bei der Frauenbeauftragten in Bremerhaven hatte die Agentur-Einladung für 50 Mütter passgenau zu den Sommerferien letztes Jahr zu Protesten geführt. Seit einem Gespräch mit der dortigen Frauenbeauftragten Anne Röhm bleiben Mütter in der Seestadt von Kursen in der Mitte der Sommerferien ausgespart. Birgit Gessner, Mitarbeiterin der Landesfrauenbeauftragten in Bremen sagt: „Man darf doch nicht einfach ignorieren, dass selbst spezialisierte Sitterdienste wie Kids und Co. mitunter zwei Wochen brauchen, um Kinderbetreuung zu organisieren.“

„Bei uns hat es vergangenen Sommer in einem Kurs fast Tumulte gegeben“, erinnert sich die ebenfalls betroffene Sozialpädagogin Karola Bultmann. Drei Jahre hatte sie nichts vom Arbeitsamt gehört, berichtet die 37-Jährige. „Dann bekam ich in den Sommerferien einen Anruf von der Agentur und sollte von jetzt auf gleich zum Kurs.“ Es gelang ihr, ihren Jungen halbtags unterzubringen – bei einer Tagesmutter, die dafür 120 Euro im Monat bekam. „Ich glaube, das im Sommer zu machen hat System“, sagt Bultmann. Der Kurs habe ihr kaum genutzt. „Das war Bewerbungstraining für Verkäuferinnen“, sagt sie lakonisch. „Ich war die einzige Akademikerin.“ Während ihr Sohn heute regelmäßig in den Kindergarten geht, sucht sie noch immer den Wiedereinstieg in den Beruf. ede