: Phantasie im Amt
Der Vizechef des Cloppenburger Ausländeramtes fälschte Papiere, um einen Ivorer in den Kongo abzuschieben: Der sehe so aus wie von dort
von ARMIN SIMON
Ein Cloppenburger Beamter fälschte Daten, um einen Ausländer abschieben zu können. Zwei Wochen saß der abgelehnte Asylbewerber Ib K. deswegen im Juli 2000 unrechtmäßig in Abschiebehaft. „Mittelbare Falschbeurkundung und Freiheitsberaubung“ warf die Anklage dem früheren Vizechef des Ausländeramts Bernd-Josef B. vor. Der aber wurde gestern freigesprochen.
Einen Kongolesen hatte B. mal eben aus Ib K. gemacht, um ihn endlich loszuwerden. Die kongolesische Botschaft in Bonn hatte für 100 Mark bar auf die Hand eine „schnelle Antwort“ zugesichert – darüber, ob der seit fünf Jahren in Deutschland lebende Ib K. Kongolese sei.
Zwar hatte K. auch gegenüber dem Cloppenburger Ausländeramt immer wieder betont, dass er in Abidjan, der Hauptstadt der Elfenbeinküste, geboren sei – eine Behauptung, die inzwischen auch durch ein Sprachgutachten gestützt wird. Dieser Geburtsort aber passte nicht zur geplanten Abschiebung in den Kongo. „Tragen Sie ruhig Kinshasa ein“, rieten die Botschaftsangehörigen dem Ausländeramts-Vize. Der sog sich darauf nicht nur den Geburtsort, sondern auch die „letzte Wohnadresse“ des abgewiesenen Asylbewerbers aus den Fingern: „170, rue malaka, Kinshasa“.
Kongolesen „kommen nahezu alle aus Kinshasa“, rechtfertigte B. seine phantasievolle Ortswahl gestern vor Gericht. Auch sonst mimte der 35-Jährige den Unschuldigen. Jahrelang habe er versucht, K. einen Pass seines Heimatlandes zu besorgen. Aber weder die Elfenbeinküste noch das benachbarte Mali hätten den heute 31-Jährigen als Staatsbürger akzeptieren wollen. Die malische Botschaft habe dann den Hinweis gegeben, dass K. seinem Aussehen nach wahrscheinlich aus Zentralafrika stamme. B. fand das logisch. K. sei „sicher ein Dutzend Mal mit Kongolesen zusammen“ auf dem Amt gewesen, sagte er. Und für die Abschiebung K.s sei der Kongo „der letzte Strohhalm“ gewesen.
Dass er, um an die für die Abschiebung notwendigen Papiere zu kommen, erfundene Angaben gemacht habe, sei zwar „ein Fehler“ gewesen, gestand B. Ein schlechtes Gewissen indes habe er deswegen nicht: Schließlich hätten die Diplomaten zu erkennen gegeben, dass sie die Identität K.s nur anhand seines Namens, des Geburtsdatums und seines Aussehens prüfen würden, nicht aber anhand der falschen Ortsangaben.
„In einem demokratischen Rechtsstaat dürfen sich Behörden so keine Papiere besorgen“, kritisierte K.s Anwalt Jan Sürig. Eine Identitätsprüfung anhand der Physiognomie zu akzeptieren, sei zudem „finsterster Rassismus“. Das Gericht folgte dem nicht. Ausländerbehörden müssten dafür sorgen, dass ausreisepflichtige Ausländer abgeschoben werden könnten. Dabei fiktive Daten zu verwenden sei zwar „nicht korrekt“. Strafbar hätte sich B. aber nur gemacht, wenn er die Botschaft damit getäuscht hätte. B. habe in einer „Grauzone“ gearbeitet, begründete die Richterin den Freispruch: „Ich möchte nicht wissen, wie oft das vorkommt.“