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Archiv-Artikel

Keime erfreuen sich bester Gesundheit

Dänische Lebensmittelforscher entdecken Salmonellen in Putenfleisch, die gegen fast alle Antibiotika resistent sind. Die Keime haben sich an das Medikament angepasst, weil es zu oft in der Tiermast eingesetzt wird. Für Kinder und Alte ist das gefährlich

VON FRANZISKA DÄHN UND HANNA GERSMANN

Der Magen rumort, der Kopf fiebert – wer eine Lebensmittelvergiftung hat, fühlt sich hundsmiserabel. Nun warnten am Wochenende auch noch dänische Experten vor Supersalmonellen, die gegen herkömmliche Antibiotika resistent sind. Tiramisu und Mettbrötchen – ade? Nein, zumindest gaben deutsche Forscher gestern vorerst Entwarnung. „Der Subtyp ist sehr selten und nicht sehr aggressiv“, sagte Professor Helmut Tschäpe vom Nationalen Referenzzentrum für Salmonellen in Wernigerode.

Die dänischen Experten haben einen extrem resistenten Salmonellenkeim in aus Deutschland importiertem Putenfleisch gefunden: Er ist unempfindlich gegen 16 von 17 heute verfügbaren Antibiotika. Angeschlagen hat nur das Mittel Florphenicol, das in der Humanmedizin nicht zugelassen ist. „Wenn diese Salmonellen eine schwere Darminfektion beim Menschen auslösen, gibt es keine Behandlungsmöglichkeit“, warnte deshalb Frank Aarestrup vom Dänischen Institut für Lebensmittel- und Veterinärforschung in Kopenhagen im Spiegel.

Grund zur Panik gibt eslaut Tschäpe aber dennoch nicht – zumal es sich nicht um einen akuten Fall handelt. Die Dänen entdeckten den Stamm bereits im vergangenen Sommer. Tschäpe erklärt: „Dieser Stamm sorgt allenfalls für Durchfall. Der muss nicht mit Antibiotika behandelt werden.“

Salmonellenbefall erfordert in den meisten Fällen keine Therapie mit Antibiotika. Gut 40 Prozent der Bevölkerung werden in ihrem Leben mit den Keimen konfrontiert, ohne es zu merken. Sie stecken in rohem Putenfleisch wie in rohem Ei. Kindern, älteren und schwachen Menschen, deren Immunsystem nicht kräftig ist, können die Antibiotika allerdings das Leben retten.

Deshalb ist es problematisch, wenn die Wunderwaffe der Medizin nun stumpf wird. Die Weltgesundheitsorgansiation (WHO) warnt seit langem davor – und hat den Schuldigen längst ausgemacht. Die Bauern nutzen die ganze Palette von Antibiotika in den Ställen, nicht nur zur Behandlung einzelner, kranker Tiere. Oft wird gleich der gesamten Putenherde das Medikament ins Trinkwasser oder ins Futter gemischt – sobald nur eine lahmt. Der Nebeneffekt: Mit Antibiotika verwerten die Tiere das Futter besser. Das beschleunigt die Mast. Früher wurden zahlreiche Antibiotika deshalb auch als reine Leistungsförderer verabreicht. Seit 2001 sind dazu nur noch vier Produkte erlaubt, die allerdings nicht in der Humanmedizin eingesetzt werden. Ab 2006 ist auch das europaweit verboten.

Derweil haben aber schon viele Bakterien Resistenzen gebildet. Die WHO fordert, dass künftig nur noch Tierärzte die Antibiotika verabreichen dürfen. Bisher attestieren sie lediglich die Krankheit, die Bauern setzen die Medikamente ein. Mit einer Änderung des Arzneimittelgesetzes 2002 wurde nur die Zeit befristet – auf sieben Tage. Die grüne Bundesagrarministerin Renate Künast forderte gestern noch einmal die „restriktive Anwendung von Antibbiotika“. Schweden und Dänemark haben die Mengen bereits drastisch reduziert.

Dem deutschen Verbraucher bleibt zunächst nichts anderes übrig, als selbst vorzusorgen. „85 Prozent der Salmonellenerkrankungen sind hausgemacht“, sagt Tschäpe. Er rät: Regelmäßig Lappen wechseln! Und Hände waschen nach dem Umgang mit rohen Eiern oder Fleisch!

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