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Archiv-Artikel

Keine Gnade für Azubis

Daimler will einen Teil seiner Azubis nach der Lehre nicht übernehmen. IG Metall fürchtet Beispiel

STUTTGART taz ■ Wenn ein Vorzeigeunternehmen wie Daimler seine Auszubildenden nicht übernimmt, könnte der Rest der Wirtschaft bald folgen. Das fürchtet die IG Metall in Baden-Württemberg. Der Konzern will von den 1.100 jungen Menschen, die im Sommer ihre Ausbildung beenden, 180 nicht weiterbeschäftigen. Wann es das zum letzten Mal gab, wussten weder Daimler noch dessen Betriebsrat zu datieren. Die Ankündigung trieb gestern 3.000 Azubis zum Protest vor die Konzernzentrale in Stuttgart-Untertürkheim, 8.000 beschäftigt Daimler insgesamt.

Zuvor hatten sie dem Konzern ein Angebot gemacht: Jeder, der seine Ausbildungszeit beendet hat, arbeitet nur 80 Prozent ohne Lohnausgleich. Im Gegenzug sollten alle einen Job bekommen. Ein Akt der Freundschaft unter den Azubis sei das, sagte Yunus Sari, Vorsitzender der Gesamtjugendvertretung der Daimler AG. Der Konzert lehnte ab, obwohl der Vorschlag für den Konzern die gleiche Einsparung bringen würde, wie die Azubis nicht zu übernehmen. Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Erich Klemm vermutet, Daimler wolle langfristig die Belegschaft verringern.

Der Konzern verteidigt sich mit dem Hinweis, dass man 40 Prozent aller Ausbildungsplätze der deutschen Autohersteller stelle. Zudem gab es eine Vereinbarung mit den Gewerkschaften: Weil man in den Jahren 2006 und 2007 zusätzliche Auszubildende eingestellt habe, müsse man im Gegenzug nun weniger übernehmen, so der Deal. Nur deshalb kann Daimler sich weigern, die Azubis zu übernehmen – andere Betriebe hingegen sind tariflich für zwölf Monate dazu verpflichtet.

Unterdessen braut sich im Konzern Streit zwischen Konzernleitung und Betriebsrat zusammen. Im Mai würde eigentlich eine Entgelterhöhung von 2,1 Prozent für die 140.000 Beschäftigen anstehen. Die Konzernspitze möchte die verschieben, was ohne Zustimmung des Betriebsrats nicht möglich ist. Klemm lehnte den Schritt gestern kategorisch ab. INGO ARZT