: Unten und Oben nicht dicht
Die CDU will private Kanal-Dichtheitsprüfung abschaffen. Firmen, die auf Paragraf 45 der Landesbauordnung setzen, stehen vor der Pleite. Landesregierung will Konjunkturprogramm retten
AUS SCHWERTESEBASTIAN KAYSER
„Wir als Ingenieurbüro sind die Gekniffenen,“ klagt Rolf Rehling, der Gründer und Geschäftsführer der Schwerter Grundstücksentwässerungs-Kontrolle GmbH (GEKO). Sein Unternehmen wurde erst im Mai zur raschen Umsetzung des Paragrafen 45 der Landesbauordnung gegründet – zwei Monate später steht es vor der Pleite.
Der Paragraf 45 schreibt vor, dass private Entwässerungskanäle bis 2015 auf ihre Dichtheit überprüft werden. In Wasserschutzgebieten muss das Dichtheitszertifikat sogar bis zum 31. Dezember 2005 vorliegen. Die Kanäle vom Haus bis zur Kläranlage sollen zu einem geschlossenen System werden. Abwässer sollen nicht mehr ins Erdreich gelangen und auch kein Grundwasser in die Kanalisation kommen, welches die Anlagen schon heute überlastet.
„Die Rakete GEKO stand auf der Rampe, nun hat uns die Politik die Zündschnur abgeschnitten.“ sagt Firmenchef Rehling. Die Politik habe Zuschüsse in Aussicht gestellt, die doch nicht gewährt werden können – die Haushaltslage des Landes ist zu schlecht. Dabei sei gerade im Wasserschutzgebiet der Stadt Schwerte das Interesse groß gewesen. Aber seit Mitte Mai hätten die Telefone still gestanden. Zudem wüsste in den Kommunen oder auch bei der Kommunalaufsicht niemand, wer eigentlich für Paragraf 45 zuständig sei, klagt Rehling. Und auch aus einem Schreiben des Umweltministeriums vom 9. Juni werde die Kompetenzaufteilung zwischen dem Umweltministerium von Bärbel Höhn und dem Städtebauministerium von Michael Vesper (beide Grüne) nicht deutlich.
Hinzu gesellte sich am 21. Juni ein Antrag der CDU-Landtagsfraktion, der dem Firmenchef weitere Sorgen bereitet. Denn nach dem Willen der Opposition soll der Paragraf 45 komplett aus der Landesbauordnung gestrichen werden. „Vor Ort können die Kommunen über das Satzungsrecht und den Satzungsweg selbst regeln, welche Abwasserleitungen zu welchem Zeitpunkt zu prüfen sind“, heißt es als Begründung in dem Antrag. Die Fristen sollen damit gänzlich fallen. „Der Paragraf 45 wird damit außer Kraft gesetzt. Uns beauftragen nur noch Idioten oder Idealisten“, sagt Rehling. Wenn er die Entscheidung zwischen Sommerurlaub oder Kanalsanierung treffen müsse, würde er in den Urlaub fahren.
Nach der Geschäftsidee Rehlings können die Städte durchaus die gesamte Überprüfung des privaten Kanalnetzes übernehmen. Kommunale Bauvorhaben könnten straßen- und quartierweise vorgenommen werden. Für die EigentümerInnen wäre eine koordinierte Aktion auch noch kostengünstiger.
Angesprochen auf den CDU-Antrag, sagte Städtebauminister Vesper: „Das, was die CDU hier macht, zeigt nur, dass man sie nicht wählen kann.“ Der Paragraf 45 der Landesbauordnung sei ein wichtiger ökologischer Fortschritt und zudem ein Konjunkturprogramm für Nordrhein-Westfalen.
Die Regierungsfraktionen im Landtag bringen deshalb nach der Sommerpause einen eigenen Entschließungsantrag ein, der die Notwendigkeit der Dichtheitsprüfung in der Landesbauordnung nochmals unterstreichen soll. Der Antrag von SPD und Grünen sieht unter anderem vor, die Kommunen aufzufordern, die GrundstückseigentümerInnen über die Notwendigkeit der Dichtheitsprüfung zu informieren. Weiter sollen auch Verbände mit in die Informationskampagne eingebunden werden. Die politische Auseinandersetzung geht am 15. September im Landtagsausschuss für Städtebau und Wohnungswesen weiter.
Doch Rehling kann nicht warten: „Bis dahin existieren wir nicht mehr. Wir haben seit sechs Wochen Stillstand. Noch zwei Monate aus dem Fenster gucken, kostet uns 30.000 Euro. Und keiner kann sagen, dass es am 16. September richtig losgeht.“