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Archiv-Artikel

Knöllchen im Akkord

Verkehrsüberwacher müssen schnell nach Falschparkern fahnden, sehr schnell. Wenn sie die Zielvorgaben des Stadtamts nicht befolgen, riskieren sie ihren Arbeitsplatz

Von kk

bremen taz ■ Wie lange darf das Ermitteln eines Parkverstoßes und das Eingeben des Pkw-Kennzeichens, des Tatorts, der Tatzeit, der Automarke, des Autotyps, der Autofarbe in das Handgerät einer Verkehrsüberwacherin höchstens dauern? Nur etwas mehr als zehn Minuten – wenn man die Vorgabe des Bremer Stadtamtes befolgt. Sonst kommen die Bremer Knöllchenaufschreiber schnell in Verzug. Denn die Behörde erwartet von ihren Mitarbeitern, dass sie jährlich 9.600 Verstöße im ruhenden Verkehr entdecken und entsprechend bearbeiten. Macht bei rund 215 Arbeitstagen im Jahr und 38,5 Arbeitsstunden in der Woche 5,8 Ordnungswidrigkeiten pro Stunde. Im Durchschnitt.

„Da kann nur nach dem Motto ,auf Teufel komm raus‘ agiert werden“, kritisiert Willi Hinners, Personalratsvorsitzender der Polizei. „So bleibt doch oft keine Zeit für ein klärendes Gespräch mit den Parksündern. Vom Anwenden des Ermessensspielraums bei Ordnungswidrigkeiten ganz zu schweigen.“ Der Sprecher der bremischen Innenbehörde, Dirk Hoffmann, hält die Vorgabe „im Sinne des Leistungsprinzips“ dagegen für sinnvoll – „um das wilde Parken im Griff zu behalten“.

20 von insgesamt 46 Bremer KnöllchenschreiberInnen haben das Leistungsprinzip offenbar nicht richtig verstanden. Ihre vor zwei Jahren befristet ausgestellten Verträge will die Innenbehörde nicht verlängern, Ersatzpersonal wird derzeit ausgewählt. Es soll die Vorgaben besser erfüllen und sich auch ohne Haushaltsmittel refinanzieren, heißt es. Würde jeder Mitarbeiter jährlich die vorgegebenen 9.600 Parkverstöße aufspüren, die im Schnitt 15 Euro kosten, würden pro Überwacher insgesamt 144.000 Euro in die Stadtkasse spülen.

Für Personalrat Hinners bleiben da nach Abzug der Kosten stattliche Gewinne über. Für Hoffmann von der Innenbehörde nicht. „Neben den Personalkosten fallen auch im so genannten Back-office-Bereich, Aufwendungen für Sachmittel und Verwaltung, hohe Kosten an.“

Petra Rieger, Sachbearbeiterin im Verkehrsaußendienst der Stadt Hannover, kennt keine derartigen Vorgaben für ihre Kollegen in der Landeshauptstadt. Sie hält Leistungsziele für kontraproduktiv. „Die Parkdisziplin der Autofahrer in den Bezirken und Stadtteilen ist unterschiedlich. Außerdem üben Vorgaben Druck aus.“ Auch in Köln gibt es keine Mindestanforderungen. Dort sollen die Mitarbeiter allerdings im neu eingerichteten Schichtdienst während der „Rush Hour“ vermehrt Knöllchen schreiben, wünscht sich die Stadt.

Was passiert nun, wenn Autofahrer, die falsch parken und Post vom Stadtamt bekommen, in Zukunft ihren Wagen disziplinierter abstellen? „Dann kämen wir unserem Ziel, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, näher“, sagt Hoffmann. „Dann könnten auch die Vorgaben für die Verkehrs-überwacher gesenkt werden“, so der Sprecher. Bis dahin bleibt es vorerst bei der Leitlinie: 9.600 Parkverstöße im Jahr. Darauf müssen sich die Knöllchenschreiber und auch die Autofahrer bis auf weiteres einstellen.

Aus der Sicht des Stadtamtes geht sogar noch mehr: „Einige Bremer Verkehrsüberwacher stellen im Jahr sogar 12.000 Park-Ordnungswidrigkeiten fest“, weiß Hoffmann. Das heißt umgerechnet: Sie ermitteln circa alle acht Minuten einen Falschparker und notieren auch alle nötigen Informationen. kk