: „Eine Technik des 19. Jahrhunderts“
Die Bundesregierung bleibt bei ihrem Versprechen, die Elbe nicht auszubauen. Ausnahme: Unterhaltungsmaßnahmen. Umweltverband BUND hält Gütertransport auf Flüssen für antiquiert
Hamburg taz ■ Ein Jahr nach der Hochwasserkatastrophe haben Vertreter der Bundesregierung den von der Koalition vereinbarten Stopp des Elbe-Ausbaus bekräftigt. Lediglich für die Unterhaltung des Stromes soll weiter gebaggert werden. Nach Ansicht von Umweltschützern lohnt sich der Ausbau der Wasserstraßen wirtschaftlich ohnehin nicht. Flüsse und ihre Auen sollten stattdessen als Ökosysteme erhalten und entwickelt werden.
Umweltschützer hatten den Verdacht geäußert, die untergeordeten Wasser- und Schifffahrtsbehörden versuchten den Baustopp zu unterlaufen. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) habe „seinen Laden offenbar nicht im Griff“, wenn Bagger weiter den Elbegrund bei Magdeburg aushöben, sagte der Elbe-Experte des BUND, Paul Dörfler in Berlin.
Der Verkehrsminister reagierte mit dem Versprechen, in seiner Amtszeit werde der Strom nicht ausgebaut. Allerdings sei nicht jeder Spatenstich an einem Wasserlauf „Beihilfe zum Hochwasser“. Zur Pflege der Wasserstraßen seien regelmäßig Arbeiten nötig, sagte sein Sprecher. Die Stolpe unterstehende Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost geht davon aus, dass Unterhaltungsarbeiten wie die Erneuerung von Buhnen kaum Auswirkungen auf Höhe und Verlauf eines Hochwassers haben.
Stolpe hält die Wasserstraßen für wichtig, um das erwartete Verkehrswachstums der nächsten Jahre auffangen zu können. Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sprach sich auf seiner Sommerreise durch die Hochwassergebiete dafür aus, die Binnenschifffahrt so zu organisieren, dass es nicht zu einer Beeinträchtigung der Natur komme.
BUND-Experte Dörfler bezeichnete den Gütertransport auf Flüssen als eine „Technik des 19. Jahrhunderts“. Der Anteil der Binnenschifffahrt am Güterverkehr sei trotz des Flussausbaus im Zuge der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit seit 1990 gesunken. 1969 habe es noch 7.000 deutsche Binnenschiffe gegeben, heute seien es 2.350, stellt der BUND in seinem Bericht zur Lage der Elbe fest.
„Wer sagt , die Elbe sei eine wichtige europäische Wasserstraße, der lügt“, behauptete Dörfler. Obwohl in den zurückliegenden zehn Jahren 100 Millionen Euro im Strom verbaut worden seien, sei die auf ihm transportierte Gütermenge von acht auf vier Millionen Tonnen jährlich zurückgegangen. Dörfler plädiert für eine Förderung des naturnahen Flusstourismus und eine „flussangepasste Schifffahrt“. Gernot Knödler