: Kalte Füße bei der Rente
SPD und Gewerkschaften gehen auf Distanz zu Rentenvorschlägen der Rürup-Kommission. Kritik an Rente mit 67. DGB: Rürup war von Anfang an zu festgelegt
BERLIN afp/taz ■ Die Rentenvorschläge der Rürup-Kommission sind bereits vor ihrer offiziellen Vorstellung in zentralen Punkten auf Kritik vor allem bei SPD und Gewerkschaftern gestoßen. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering erteilte am Wochenende der Forderung eine klare Absage, das Rentenalter auf 67 Jahre anzuheben. Die DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer griff den Kommissions-Chef Bert Rürup scharf an .
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sprach sich derweil gegen eine „Rente auf Kassenlage“ aus. Bundespräsident Johannes Rau warnte vor einem Streit der Generationen.
Müntefering äußerte in der Bild am Sonntag die Einschätzung, eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre werde „derzeit nicht viel bringen“. Das eigentliche Problem sei, dass die Menschen heute im Schnitt schon mit 59 oder 60 Jahren in den Ruhestand gingen. Deshalb müsse darüber nachgedacht werden, wie der tatsächliche Rentenbeginn heraufgesetzt werden könne. „Was Gesetz wird, entscheiden nicht Wissenschaftler, sondern Politiker“, fügte Müntefering hinzu.
Auch die SPD-Sozialexpertin Gudrun Schaich-Walch kündigte in der Welt am Sonntag an, die SPD werde die Rürup-Vorschläge „nicht eins zu eins umsetzen“. Beim Renteneintrittsalter plädierte die SPD-Sozialexpertin für eine „freiwillige Lösung“. „Jeder soll selbst entscheiden können, ob er über das 65. Lebensjahr hinaus arbeiten will.“ Die mit der Anhebung des Rentenalters einhergehende Absenkung des Rentenniveaus auf 40 Prozent des durchschnittlichen Bruttolohnes sei „mit der SPD nicht zu machen“. Engelen-Kefer klagte im Sonntags-Express, der Kommissionsvorsitzende Bert Rürup habe „mit einer vorgefertigten Meinung die Arbeit begonnen“. Vor einer Debatte über eine Rente mit 67 „hätte man erst einmal die Voraussetzungen diskutieren sollen, wie das faktische Rentenalter angehoben werden kann“.
Die Kommission plädiert in ihrem Abschlussbericht für einen beschleunigten Ausbau der Privatvorsorge. In dem Kommissionsbericht wird die „sofortige Anhebung“ der steuerlichen Förderung auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze gefordert. Sollte die Bundesregierung dem Vorschlag folgen, würden Finanzminister Hans Eichel (SPD) laut Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zusätzliche Belastungen von rund 10 Millionen Euro im Haushalt drohen. Die Rürup-Vorschläge sollen am Donnerstag Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) übergeben werden. Dann will die Bundesregierung über eine neue Rentenreform beraten.
meinung SEITE 12