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Archiv-Artikel

Rot-Grün will die Konzerne weiter entlasten

Kritik an Regierungsplänen zur Gewerbesteuer nimmt zu. Die Fraktionen von SPD und Grünen beraten heute

BERLIN taz ■ Nach dem Willen der rot-grünen Regierung sollen Konzerne und große Unternehmen steuerlich entlastet werden. Sie müssten in Zukunft weniger Gewerbesteuer zahlen als bisher. Das ist das Ergebnis neuer Berechnungen des Ökonomieprofessors Lorenz Jarass von der Fachhochschule Wiesbaden. Jarass kennt sich aus - er hat die Regierungskommission zur Reform der Gemeindefinanzen beraten.

Heute tagen in Berlin die SPD-Fraktion und der Fraktionsvorstand der Grünen. In beiden Parteien gibt es massive Kritik an der Begünstigung der Unternehmen, die ein Ergebnis des von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) ausgearbeiteten Gesetzes wäre.

Bei den Kapitalgesellschaften hat Jarass eine „Entlastung von drei bis vier Prozent“ ausgemacht. Diese kommt unter anderem dadurch zustande, dass die Kosten für Fremdkapital nach Eichels Plänen ab Januar 2004 nicht mehr der Gewerbesteuer unterworfen sein sollen. Ein Beispiel: Ein Unternehmen kauft eine Maschine für 100.000 Euro, nimmt einen Kredit auf und bezahlt dafür 6.000 Euro Zinsen pro Jahr. Heute werden diese Zinsen dem Gewinn der Firma teilweise zugerechnet und damit auch versteuert. Die ökonomische Logik: Die Maschine gehört zum Kapital des Unternehmens und erwirtschaftet Wertschöpfung und Rendite. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und sein Finanzminister teilen diese Ansicht nicht: Wer Kreditzinsen besteuere, verhindere Investitionen und gefährde Arbeitsplätze, so Schröder.

Mit dem fachmännischen Rat von ganz oben wollen sich viele Abgeordnete der SPD und auch manche der Grünen nicht zufrieden geben. „Die Begünstigung der Großunternehmen zu Lasten des Mittelstandes“ lehne er ab, sagt etwa Bernd Scheelen, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

Was die höhere Besteuerung des Mittelstandes angeht, liefert Ökonom Jarass ebenfalls Zahlen. Kleine Gewerbetreibende hätten teilweise „extrem steigende Belastungen“ zu verkraften. Diese könnten acht Prozent zusätzlich betragen, in Städten mit höheren Steuersätzen auch mehr.

Die Fraktionen von SPD und Grünen sehen die heutigen Beratungen als ersten Schritt der Veränderung von Eichels Gesetz. „Das kann nicht so bleiben, wie es ist“, sagt SPD-Abgeordneter Scheelen. HANNES KOCH