: Pipelinebau durch Georgien gestoppt
Konsortium um BP soll Umweltauflagen verletzt haben. Dabei besitzt das Projekt große geopolitische Brisanz
BERLIN taz ■ Es geht um ein Projekt mit geopolitischer Brisanz: die 1.730 Kilometer lange Ölpipeline vom aserbaidschanischen Baku über Georgien zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan. Für die Bausumme von etwa 3,6 Milliarden Euro soll die Leitung dem Westen – speziell den USA – einen von Russland unabhängigen Zugang zu den riesigen Ölreserven rings um das Kaspische Meer sichern.
Genauer: Es geht um ein 15 Kilometer langes Teilstück. Georgiens Umweltministerin Tamar Lebanidse hatte vor zwei Wochen die Arbeiten an der Pipeline nahe dem Ort Borjomi stoppen lassen. Begründung: Das Baku-Tbilissi-Ceyhan-Konsortium (BTC) um den britischen Ölkonzern BP halte die Umweltauflagen nicht ein.
Tatsächlich bezeichnet der Umweltbericht des BTC-Konsortiums die Gegend um Borjomi als das „größte Gesundheitszentrum Georgiens“. Die Regierung in Tbilissi hatte 1995 ein 76.000 Hektar großes Areal – etwa ein Prozent der Landesfläche – als Nationalpark ausgewiesen. Hier gibt es nicht nur Schakal, Merlin, Zitronenbäume oder den Kaukasischen Lotus, sondern auch bedeutende Mineralquellen. Das Konsortium versprach, hier mit entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen zu bauen.
Doch offenbar wurden die Versprechen nicht gehalten. „BP, seine Pipeline und die ökologischen Zeitbombe“ titelte jüngst die britischen Tageszeitung Independent. Ehemalige Techniker an der Leitung listeten viele Umweltschweinereien auf: Aus Lecks austretendes Öl hätte Farmland verseucht, die Tests gegen Erdbebensicherheit seien unzureichend, das toxische Ummantelungsmaterial der Rohrleitung werde ohne Sicherheitsvorkehrung bearbeitet.
Auch der WWF, der einst an der Errichtung des Nationalparks Borjomi beteiligt war, kritisiert das Konsortium. „Die Pipeline führt hier durch Erdbeben gefährdetes Gebiet, es wird aber nicht nach neuestem Stand der Technik gebaut“, sagt Frank Mörschel vom WWF Deutschland. Im südlichen Kaukasus treten im Durchschnitt alle dreißig Jahre Erdbeben der Stärke 7,0 auf – also mindestens einmal im etwa vierzig Jahre dauernden „Leben“ einer Pipeline.
In Georgien kommt es immer wieder zu Demonstrationen. So ging die Polizei Ende Juni gegen Bewohnern des Dorfes Krzanisi in der Nähe von Tbilissi vor, die eine Entschädigung für das Land fordern, das durch den Bau der Pipeline zerstört wird. Damals erklärte der Konsortialführer BP lapidar, er habe sämtliche Auflagen erfüllt. Allerdings waren diese noch mit der Vorgängerregierung von Eduard Schewardnadse ausgehandelt worden.
Umweltministerin Tamar Lebanidse erklärt nun, dass diese nicht ausreichend seien. Mittlerweile wird das Thema auf höchster Ebene behandelt: Georgiens Präsident Michail Saakaschwili sprach bereits in London mit dem Direktor der BP, Lord Browne. NICK REIMER