cdu-chefin ohnmächtig : Alte Verdienste reichen nicht
Es will sich einfach nicht einstellen, das Bild von Angela Merkel als tatkräftiger, ideenreicher Kämpferin für eine Alternative zu Rot-Grün. Die jüngsten zwei Pleiten fügen sich nur ins Bild: Die von ihr organisierte Blockadefront gegen einen Reformgipfel mit dem Bundeskanzler ist gleich nach der Verkündung auseinander gebrochen und jetzt nur notdürftig zusammengekittet. Und CSU-Chef Stoiber lässt sich die Zustimmung zur Steuerreform weit günstiger abhandeln als mit Merkel vereinbart. Ein knappes Jahr nach ihrem Aufstieg ins Doppelamt der Partei- und Fraktionsvorsitzenden bleibt von Merkel nur, was vorher schon war: ihr Exotenbonus.
Kommentar von PATRIK SCHWARZ
Merkel die Frau, Merkel die Ostdeutsche, Merkel die Außenseiterin, durch recht viel mehr ist sie bis heute nicht definiert. Damit ist ihre Erfolgskurve nahe bei null angelangt. Das ist reichlich desaströs für eine Politikerin, die im letzten Jahr die Chance hatte, zu einer Ausnahmeerscheinung der deutschen Politik zu werden.
Dank ihrer Bewältigung der CDU-Spendenaffäre war ihr zwar eine Sympathie quer durch die politischen Lager zugewachsen, wie sie sonst nur Joschka Fischer zuteil wird. Doch erst die verlorene Bundestagswahl, paradoxerweise, machte Angela Merkel zur Gewinnerin: Stoiber verbraucht, Merz verdrängt, Koch auf Jahre in den Wartestand verwiesen. Mit dem Griff nach dem Fraktionsvorsitz sicherte sich die Parteichefin die Macht, ohne die ihre Sympathiewerte wirkungslos bleiben mussten. Die Merkel-Kurve war auf dem Höhepunkt. Die Frage war nicht länger: Kann mit Angela Merkel eine Frau Kanzlerin werden? Die Frage lautete plötzlich: Kann Angela Merkel wie ein Mann gewählt werden – ganz ohne Mitleidsfaktor?
Nach einem knappen Jahr Opposition steht die Oppositionsführerin ohnmächtiger da als am Tag nach der Bundestagswahl. Obwohl die Union in Umfragen weit vor der SPD liegt, gilt Merkel weder der Öffentlichkeit noch ihrer eigenen Partei als Kanzlerin in Wartestellung. Die Not ist selbst verschuldet: Die taktischen Niederlagen wie im Streit um den Kanzlergipfel schaden der CDU-Chefin nur deshalb so stark, weil sie außer Taktik nicht viel aufgeboten hat seit September 2002.
So schwindet ihr politisches Kapital, übrig bleibt ihr menschliches. Aber die Sympathie aus der Spendenaffäre reicht nicht aus. Sie bekleidet die wichtigsten Funktionen ihrer Karriere – doch zu einem Amtsbonus hat sie es nicht gebracht. Ihre Popularität stammt aus einer anderen Zeit.