Parlamentarische Demokratie in der Krise : Wer weiß, was Wählerwille ist
Die parlamentarische Demokratie steckt in einem Dilemma. Die Menschen wissen sehr viel mehr als noch vor 30, 40 Jahren über die Interna des politischen Prozesses – daher sind sie desillusioniert, „politikmüde“ – gleichzeitig wollen sie mitreden wie nie zuvor. Dass eine Bürger-Initiative die Planungsdetails besser kennt als die Baudeputierten und außerhalb von Parlament und Parteien Einfluss nehmen will, erscheint heute normal.
KOMMENTAR VON KLAUS WOLSCHNER
Normalerweise geschieht die Einflussnahme über die Medien, wo es früher nur die Lobby-Verbände gab. Ein geregeltes Verfahren für demokratische Einflussnahme über Medien gibt es aber nicht und kann es nicht geben – da müssen auch Bürger-Initiativen sich „mediengerecht“ inszenieren. Wie Politiker, die „ankommen“ wollen.
Da geht es nicht um Gesetze oder gar Verfassungsänderungen, sondern um konkrete Anliegen. Die Möglichkeiten der Volksgesetzgebung können an der Politikmüdigkeit nur wenig ändern. Erst die Technik für „elektronische Wahlen“ wird die alte parlamentarische Demokratie wirklich herausfordern: Statt eines irgendwie zustande kommenden Medienechos werden in ein paar Jahren über viele Detailfragen der Politik klare Meinungs-Befragungen des Wählerwillens möglich sein.