: Die Krise im Galopp
Der Erfolgstrainer Andreas Wöhler verlässt die Bremer Rennbahn in der Vahr. Dennoch wird die neue Trainingsbahn gebaut: Bremen strebt ohne Wöhler zur „Spitze des norddeutschen Galoppsportes“
Bremen taz ■ „Bremen wird seinen Weg an die Spitze des nordwestdeutschen Galopprennsportes planmäßig fortsetzen“, so trotzig endet die Mitteilung des Geschäftsführers der Rennbahn-GmbH, Michael Göbel, in der er den Weggang des „besten Pferdes“ aus dem Bremer Galoppsport mitteilt: Andreas Wöhler, der weltbekannte Trainer auf der Vahrer Rennbahn, geht nach Ravensberg. Warum Wöhler geht, das bleibt in der Erklärung offen.
Die Lage im Pferderennsport insgesamt ist prekär. „Bremen ist von dem massiven Rückgang im Galoppsport mehr betroffen als andere Städte in Norddeutschland“, sagt Andreas Jacobs, der Kaffee-Erbe, der in Hamburg als Unternehmensberater arbeitet und als Präsident des Bremer Rennvereins und Mäzen die wichtigste Figur im Bremer Galoppsport ist.
Schon die Tatsache, dass Göbel als Geschäftsführer der Rennbahn-GmbH agiert, ist ein schlechtes Zeichen: Eigentlich hat er als Chef der Hanseatischen Veranstaltungs-GmbH (HVG) auch anderes zu tun, aber seit Anfang des Jahres hat die Rennbahn-GmbH keinen eigenen Geschäftsführer mehr.
Dass ein Trainer wie Wöhler die Stadt verlässt, hat ökonomische Hintergründe: Die Zahl der Pferde, die Wöhler in Bremen anvertraut wurden, ist deutlich rückgängig, und das liegt nicht an dem Erfolgstrainer, sondern am Standort. Jacobs hat die Trainingsanlage in Ravensberg übernommen und Wöhler bekommt dort alle 100 Boxen. Auch Jacobs wird seine Pferde mit Wöhler nach Ravensburg ziehen lassen.
Fürs Geschäft ist Ravensberg bei Gütersloh sehr viel besser gelegen als Bremen. „Die großen Rennen laufen in Nordrhein-Westfalen“, sagt Jacobs. Bremen bedeute zwei Stunden mehr Anfahrt mit den Pferden. Auch aus persönlichen Gründen hatte Wöhler schon vor drei Jahren den Umzug nach Dortmund erwogen. Entscheidendes Problem aber, sagt Jacobs, ist der Zustand der alten Bremer Trainingsbahn. 30 Pferde aus dem Gestüt Itlingen hatte Wöhler vor knapp einem Jahr verloren, als zum vierten Male eines der Tiere auf der Trainingsbahn stürzte und sich ein Bein brach. Die Pferde wurden zur Trainingsbahn Ravensberg verlegt – Wöhler könnte sie dort wiederbekommen.
Und was wird aus den Plänen für eine neue Bremer Trainingsbahn? „Ohne Abstriche“ würden die Pläne zur Stärkung des Galoppzentrums Bremen umgesetzt, verspricht Rennbahn-Geschäftsführer Göbel. Auch Jacobs selbst will viel Geld investieren, um in Bremen endlich eine neue Trainingsbahn entstehen zu lassen. Aber seit Jahren ziehen sich die Verwaltungsverfahren hin. Sogar eine Genehmigung nach „Bundes-Immissionsschutzgesetz“ (BImSchG) habe man beantragen müssen, klagt der Unternehmer über die komplizierte Verwaltung. Und da ein Rasen mindestens 12 Monate wachsen muss, bevor er die Belastung durch Pferdehufe aushält, wird auch im Jahre 2004 nichts mehr aus der neuen Trainingsanlage – bis heute ist mit dem Bau nicht begonnen worden.
Ob die Anlage ohne das Zugpferd Wöhler ausgelastet werden kann, das kann heute niemand sagen. „Optimistisch“ wäre zu viel gesagt, erklärt Jacobs, aber: „Ich bin da fest hinterher.“ Mit der Stadt sei vereinbart, dass Verluste im laufenden Betrieb von den privaten Investoren zu tragen sind. Die Stadt finanziert nur 40 Prozent der geplanten Investitionssumme als verlorenen Zuschuss.
Nun sind die Kosten allerdings davongelaufen, da müssen noch Sparmöglichkeiten bei dem Projekt gesucht werden. Denn die Kosten für den Bau einer Trainingsanlage sind verlorene Zuschüsse: Wenn sie voll belegt ist, tragen die Einnahmen gerade die laufenden Kosten, sagt Jacobs. Von einer Rentabilität der Investition in Trainingsanlagen kann sowieso keine Rede sein. Klaus Wolschner