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Archiv-Artikel

Amore! Mare! Cuore! Latte! Pizza!

Im Jungen Theater Bremen singt Roberto Guerra das Publikum ins Italien ihrer Träume. Kein Klischee ist ihm zu schlicht

Ein kleines Steinhäuschen, rostrot gestrichen, bunte Sonnenschirme und grün-weiß-rote Markisen vor der Gelateria. Eine dunkelhaarige Schöne mit braun gebrannten Beinen schlendert mit einer Kugel Stracciatella-Eis in der Hand vorbei. Verlockend kitzelt der Duft von frischer Pizza oder Antipasto di mare die Nase – Italien. Nichts davon braucht Roberto Guerra in der kargen Schwankhalle.

Im panna-cotta-farbenen Anzug steht er auf der Bühne und nimmt die Zuschauer mit in das Land seiner Eltern. Fantasie und Sehnsüchte der regengeplagten Bremer erledigen den Rest. Sie landen in Bella Italia – und nicht nur das: Sie landen im Italien ihrer süßesten Träume.

Roberto Guerra, Schauspieler italienischen Ursprungs, ist in der Schweiz aufgewachsen und wurde in einem kurzen Jahr am Bremer Theater meist mit Nebenrollen abgespeist. Dem Jungen Theater ist es zu verdanken, dass er den Bremern ab und zu erhalten bleibt – zum Beispiel mit diesem wunderbaren Abend voller italienischer Pop-, Schmuse- und Rocksongs.

Der Anspruch ist dem beliebten (Schlager-)„Festival di San Remo“ entliehen: „Strappare una lacrima“ – dem Publikum eine Träne entreißen. Adriano Celentano, Domenico Modugno, Luigi Tenco: Roberto Guerra singt sie alle und verfügt zugleich über das Können, liebevoll zu persiflieren. Er rockt, twistet und schnulzt, sein Dackelblick ist herzerweichend, sein Hüftschwung feurig, die rauchige Stimme sprüht vor brustbehaarter Erotik. Was für ein Mann!

Er beherrscht die Gestik, Mimik und Sprachintonation, die einen sehnsüchtigen Deutschen subito an Urlaub erinnern. Die Texte bleiben zwar weitgehend unverständlich, aber das Wesentliche setzt sich in jedes Ohr: Amore! Mare! Cuore! Und ein bisschen Berlusconi.

Roberto Guerra reizt jedes Klischee hemmungslos aus. Sein lispelnder, sehr deutscher Pianist Henrik Kairies bildet den perfekten Gegenpart. Wenn es sein muss, greift er auch mal zur Keyboard-Orgel oder zum Techno-Beat.

Und dann, ganz am Ende, ist es geschafft. Selige Seufzer erklingen aus dem Publikum und zum abschließenden „Ma-Ma-Ma-Maria“ klatschen alle mit. Vielleicht kommt der Sommer ja doch noch? Vedrai, vedrai . . . Bodil Elstner

Roberto Guerra singt „Strappare una lacrima“ am 1.8. und vom 4. bis 7.8., jeweils 20 Uhr, Schwankhalle