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Archiv-Artikel

Gülden ist die Hoffnung

Im Ligapokal-Halbfinale glänzen die Münchner Bayern nicht nur mit ihren Gold-Trikots,sondern auch spielerisch, und gewinnen 3:0 gegen ein noch etwas unfertiges Bayer Leverkusen

AUS WATTENSCHEIDHOLGER PAULER

Eigentlich ging es eh wieder nur um die Bayern, die neuen Bayern, die goldenen Bayern – Letzteres zumindest, was die Trikotfarbe angeht. Der Großteil der 10.100 Zuschauer im Wattenscheider Lohrheidestadion wollte den deutschen Rekordmeister, weniger das Spiel, aus der Nähe sehen. Die Emotionsausbrüche der Fans beschränkten sich dann auch auf die Zeit vor und nach dem Spiel, als die Bayern-Spieler versuchten, unbeschädigt vom Bus in die Kabine und wieder zurück zu finden. Bayer Leverkusen, Gegner im Halbfinale des Ligapokals, spielte trotz scheinbar regionalem Vorteil nur eine untergeordnete Rolle. Dies sollte sich auch im Ergebnis widerspiegeln. Bayern München siegte mit 3:0.

Im Ligapokal geht es um viel Geld. 1,3 Millionen Euro für den Sieger. Sportlich hat der Wettbewerb wenig Aussagekraft. Siehe letztes Jahr: Sieger Hamburger SV darf sich nach verkorkster Saison momentan durch den UI-Cup quälen. So gesehen war es kaum verwunderlich, dass sich das Interesse eher auf Dinge außerhalb des wirklichen Spielgeschehens fokussierte. Das ZDF war mit einem eigenen Kamerateam angereist und befragte zu Beginn der zweiten Halbzeit die schreibenden Kollegen auf der Pressetribüne nach ihren Eindrücken von den „neuen“ Bayern. Nach Trainer Magath und der neuen Quälerei. Viel zu berichten hatten sie nicht, außer dass die Bayern wohl eher noch stärker einzuschätzen seien als zuletzt. Vor allem dank der Neuzugänge Lucio, Torsten Frings und Sebastian Deisler, der nach zwei verlorenen Jahren nun endlich bei den Bayern angekommen zu sein scheint.

Eine Tatsache, die sich dann doch im Spielgeschehen widerspiegelte. Kein Vergleich mehr zum müden Auftritt, den die Bayern am vergangenen Wochenende bei ihrer Promo-Reise in Chicago hinterlassen hatten – gegen die B-Elf von Manchester United reichte es dort nur zu einem torlosen Unentschieden. Bayern-Coach Felix Magath hatte sein Team davor gewarnt, „in Zukunft so aufzutreten“. Das Spiel in Wattenscheid machte ihn da schon „einigermaßen zufriedener“.

Vor allem im Mittelfeld vollzogen die Bayern ihre spielerische und körperliche Überlegenheit: Torsten Frings, Michael Ballack, Sebastian Deisler und Ze Roberto sind das Beste, was die Bundesliga zu bieten hat. Noch erschreckender: alle drei Treffer wurden von den Mittelfeldakteuren erzielt. Trotz Roy Makaay. Ze Roberto traf in der 5. Minute, Ballack in der 65. und Frings schloss zwei Minuten später einen 50 Meter langen Sololauf kraftvoll ab. Die Leverkusener hatten zu diesem Zeitpunkt der Dynamik nichts entgegenzusetzen.

Dennoch wollte Felix Magath das Ergebnis nicht überbewertet wissen: „Wir müssen das Spiel relativieren. Leverkusen hat nicht in Bestbesetzung gespielt, dennoch war das Spiel bis zum 2:0 offen.“ Das stimmte nur bedingt. Der Ballbesitz mag verteilt gewesen sein, Torhüter Oliver Kahn konnte seinen Job jedoch über 90 Minuten im Stehen verrichten. „Wir haben gesehen, was geht und was nicht geht“, sagte Leverkusens Trainer Klaus Augenthaler. Was nicht geht, ist, diese Mannschaft noch einmal in dieser Zusammensetzung spielen zu lassen.

„Das“, versprach Augenthaler, „wird auch nicht mehr passieren.“ In Wattenscheid musste er auf den geschonten Jens Nowotny, die Copa-America-Fahrer Placento und Juan sowie Vorbereitungsopfer Clemens Fritz verzichten – Letzterer, Gewinner der Rückrunde, fällt mit einem Wadenbeinbruch noch etliche Wochen aus. Die Erklärungen zum Verzicht auf Robson Ponte blieben widersprüchlich: Angeblich wollte Augenthaler wegen einer leichten Verletzung kein Risiko eingehen; zu Wochenbeginn hatte er Ponte aber wegen seiner wankelmütigen Einstellung noch abgemahnt.

Positiv im Leverkusener Spiel fiel in erster Linie Dimitar Berbatow auf. Der Angreifer spielte mangels Unterstützung den Alleinunterhalter, blieb oft bei Gegenspieler drei, vier oder fünf hängen, dennoch war er der Einzige, von dem Gefahr ausging. Ein anderer Spieler holte sich sogar noch ein Extralob von Klaus Augenthaler ab. Neuzugang Roque Junior spielte gegen Makaay & Co. eine überzeugende Partie: „Ich glaube, dass er noch steigerungsfähig ist“, sagte Augenthaler. In diesem Falle sollte es ihm tatsächlich gelingen, zumindest in der Defensive den Abgang von Lucio zu kompensieren.

Auf Lucio verzichteten die Bayern noch. Die Abwehr schien an diesem Abend der einzige Mannschaftsteil, in dem noch improvisiert werden darf. Linke und Demichelis spielten um den Platz neben Lucio. Solide, ohne erkennbare Unterschiede. Für einen hingegen ist bei den neuen Bayern kein Platz mehr. Sammy Kuffour machte die Reise nach Wattenscheid erst gar nicht mit. Manager Uli Hoeneß hat den Abwehrspieler bereits zum Verkauf angeboten.