: Wie alt sind Sie eigentlich?
1. Im Rahmen einer Allgemeinbildungsumfrage werden Sie am Telefon gefragt, ob Sie wissen, was Gerontologie ist. Was sagen Sie?
a) ?Das ist schwierig. Ich habe einen Kopf wie ein Sieb. Und weil wir gerade darüber sprechen: Ich habe auch Wasser in den Beinen und Rheuma und? - Klick - ?Hallo?? b) ?Das ist die Wissenschaft, die sich mit den körperlichen, seelischen und sozialen Vorgängen des Alterns auseinandersetzt.? c) ?Das ist die Wissenschaft, die dem Rest des Landes sagt, dass ich zu alt bin, um zu arbeiten. Meine akademische Lieblingsdisziplin.? d) ?Das ist mir scheißegal. Ich bin Otmar Alt, der Erschaffer der Farblithographie ,Vater, Mutter, Kind? von 1993. Ich bin Künstler, kein Intellektueller.?
2. Durch eine Kündigungswelle verlieren Sie Ihren Job. Was tun Sie?
a) Sie schicken einen Dankesgruß gen Himmel. Das Arbeiten tat Ihnen wegen Ihres Rheumas eh nicht gut.b) Sie freuen sich. Viele andere, vor allem die Jüngeren, wurden schon viel früher entlassen. Sie schreiben allen, die Sie kennen, einen Brief, in dem Sie darauf stolz hinweisen. c) Sie rufen einen Freund Ihres Enkels an, der bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitet. Sie fragen Ihn, was zu tun sei. Er sagt, im Sinn der OECD-Definition seien alle Personen alt, die in der zweiten Hälfte Ihres Berufslebens stehen. Da Sie bereits in der dritten Hälfte stehen, hätten neue Bewerbungen wenig Sinn. Erfreut legen Sie auf, öffnen eine Flasche Bier und rufen im Supermarkt an: Jemand soll Ihnen Wurst und Brot liefern. Sie wollen sich jetzt bedienen lassen. d) Gar nichts. Man hat Sie verwechselt. Sie sind der Erschaffer der Farblithographie ?Vater, Mutter, Kind? von 1993. Sie arbeiten freiberuflich. Kunst ist kein Produkt der Leistungsgesellschaft.
3. Sie gehen auf ein Konzert von Jeanette Biedermann. Sie müssen nicht kotzen. Woran liegt das? a) Sie haben seit Längerem ein Problem mit Ihren Ohren. b) Sie haben zwei Kriege miterlebt, viel körperliches Leid, viel ohrenbetäubenden Lärm, viele schlimme Stunden. Sie finden, im Vergleich zum Russlandfeldzug sei Jeanette Biedermanns Musik gar nicht einmal so schlecht. c) Sie haben sich auf das Konzert verlaufen und wundern sich, wie man so eine Scheiße gut finden kann. Sie wollen den jungen Leuten aber keine Vorwürfe machen. Die und ihre Eltern zahlen schließlich Ihre Rente. d) Sie tragen Ohrenstöpsel. Sie sind nämlich nur an den Bildern interessiert. Sie planen ein Projekt mit dem Titel: ?Vater, Mutter, Kind, Teil zwei?. Auf dem Konzert von Jeanette B. wollen Sie die Reaktionen der Generationen einfangen. Lachende dumme Kinder, gequälte Eltern. So was in der Art.
4. An der Grenze in die Schweiz müssen Sie Ihren Ausweis vorzeigen und werden von einem jungen, sehr scharfen Grenzposten probehalber noch einmal nach Ihrem Alter gefragt. Was tun Sie?
a) Sie antworten nicht und fragen stattdessen, ob es okay sei, das Gras in die Schweiz einzuführen; es sei gegen Ihre Schmerzen. Sie lassen sich von dem Grenzposten Handschellen anlegen und Ihrer Fantasie freien Lauf. Sie bitten darum, unten liegen zu dürfen, Sie hätten es mit dem Kreuz.b) Sie sagen, Sie seien nicht wirklich so alt wie in dem Ausweis stehe, der sei natürlich gefälscht. Zufrieden lassen Sie sich von dem Grenzposten Handschellen anlegen und Ihrer Fantasie freien Lauf. c) Sie sagen die Wahrheit. Einfach nur die Wahrheit: Sie sind alt. Der Grenzposten belohnt Ihre Ehrlichkeit mit körperlichen Gefälligkeiten. d) Sie fragen sich, warum Sie, der Erschaffer von ?Vater, Mutter, Kind?, nicht erkannt werden. Sie bemängeln dies harsch und lassen sich zufrieden von dem Grenzposten Handschellen anlegen. In Ihrer Fantasie sehen Sie die Situation schon als Farblithographie vor sich.
5. Nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO gilt als alt, wer das 65. Lebensjahr vollendet hat. Als Sie das erfahren, schreiben Sie einen Brief an die WHO. Was steht drin?
a) ?Liebe WHO, ich wollte schon immer alt werden. Nun habe ich aber deine Definition gelesen: Es ist noch ein weiter Weg. Vielleicht wenn du deine Definition deutlich herabsetzen könntest. Mir zuliebe. Bitte.? b) ?Liebe WHO, ich habe eure Musik gerne gehört, als ich noch jung war. Macht doch wieder mal eine neue Schallplatte. ,Tommy‘ steht ganz vorne in meiner Schallplattenkiste. Echt.? c) ?Liebe WHO, mir ist das ja egal. Aber prinzipiell würde ich sagen, Alter ist ein flexibler Prozess. Meine Kinder sind mit 65 noch immer recht jung.? d) ?Liebe WHO, ein Alt ist nur das, wo Alt drunter steht. Klar??
6. Beim Vereinsturnier Ihres Golfclubs landen Sie im hinteren Mittelfeld. Wie reagieren Sie?
a) Sie freuen sich über den vierten Platz und dass Sie dem Chihuahua des Vorstands die Grenzen aufgezeigt haben - und das, obwohl Sie gehandicapt antraten: die Gallensteine. b) Sie fragen sich, ob Sie Ihre Karriere jetzt, auf dem Höhepunkt, nicht einfach beenden sollten. c) Eine gute Platzierung beim Golfturnier ist für Sie nicht mehr wichtig, seit Sie die Selektions-Optimierungs-Kompensations-Theorie anwenden. Derzufolge können Sie einen altersbedingten Mangel an Energie kompensieren, indem Sie auswählen, was Ihnen wirklich wichtig ist. Und Golf gehört nicht dazu. Sie machen lieber ein wenig Sport. d) Ihre schlechte Platzierung lag zweifellos am technischen Gerät. Sie überlegen, ob Sie einen neuen Golfschläger kreieren sollten. Den könnten Sie auch verkaufen: Golfspieler sind schließlich Ihre Kunden. Ihre Farblithographie ?Vater, Mutter, Kind? geht ja auch weg wie geschnitten Brot.
7. Sie denken über das letzte Jahrhundert nach. Was fällt Ihnen ein?
a) Es gab keine Praxisgebühr. Das waren noch Zeiten. b) Im 20. Jahrhundert? Der Zweite Weltkrieg. Und der Erste. Wenn?s noch mal gegen die Franzosen ginge, wären Sie natürlich wieder dabei. Und gegen die Engländer sowieso. c) ?Die Renten sind sischä.? (Norbert Blüm) d) Das Jahr 1993. Da entstand Ihre Farblithographie ?Vater, Mutter, Kind?.
8. Sie werden gefragt, ob Sie alt sind. Was sagen Sie?
a) ?Bitte? Ich habe Sie nicht verstanden. Ich hab?s mit den Ohren.? b) ?Alt ist nicht das richtige Wort. Wenn ich schon alt bin, was ist dann Thomas von Aquin?? c) ?Jawohl. Und ich kann morgens ausschlafen.? d) ?Natürlich. Ich bin Alt, der Erschaffer der Farblithographie ,Vater, Mutter, Kind?. Gut, dass mich mal jemand erkennt.?
Auflösung:
Für jede Antwort a), die Sie gegeben haben, gibt es 1 Punkt. Für jedes b) 5 Punkte. Für jedes c) 10 Punkte. Für jedes d) bekommen Sie 0 Punkte. Addieren Sie. Benutzen Sie keinen Taschenrechner. Benutzen Sie auch keinen Rechenschieber. Gedächtnistraining ist gesund. Erinnern Sie sich, was Sie eben tun wollten: addieren. a) 1 Punkt, b) 5 Punkte, c) 10 Punkte, d) 0 Punkte... Sie haben addiert? Lesen Sie also, wie Sie alt sind:
Sie haben 60 bis 80 Punkte:
Gratulation. Sie sind im landläufigen Sinne, also biografisch, biologisch, und wohl auch sozial gesehen, alt. Toll. Sehen Sie es wie die zwei Senioren, die in einer Karikatur des kürzlich verstorbenen Zeichners Bernd Pfarr (45, Ironie des Schicksals) auf einer Bank sitzen und Kindern beim Spielen zuschauen: ?Früher hätten wir uns gefuchst: Unser Leben geht zu Ende, und die haben?s noch vor sich. Aber heute sagen wir uns doch: Wir hatten den Überfluss, und die werden ihn bezahlen müssen... Macht richtig Spaß, heute alt zu sein.?
Sie haben 20 bis 59 Punkte:
Sie sind alt. Biografisch gesehen. Aber biologisch sind Sie noch auf der Höhe, und außerdem ist man ja immer nur so alt, wie man sich fühlt. Schmeißen Sie Ihren Personalausweis, Reisepass und alle sonstigen Dokumente weg, die Ihr biografisches Alter angeben. Leben Sie. Fühlen Sie sich jung. Lachen Sie Ihre Urenkel aus.
Sie haben 1 bis 19 Punkte:
Sie haben Schmerzen. Sie haben Krankheiten. Ihr Körper funktioniert nicht mehr richtig. Der Blasentee geht Ihnen regelmäßig aus. Sie sind, biologisch betrachtet, eine braune Tonne in einer menschlichen Hülle. Sie verwesen von innen. Sie sind biografisch vielleicht noch ganz gut im Rennen. Aber Sie müssen was für Körper und Geist tun. Gehen Sie doch mal ins Fitnessstudio. Fragen Sie Ihren Nachbarn dort, was zu tun ist. Sie müssen was für Körper und Geist tun. Gehen Sie doch mal ins Fitnessstudio. Sie müssen was für Körper und Geist tun. Vergessen Sie nicht Ihre Pillen gegen das Vergessen dessen, was Sie schon einmal gesagt haben.
Sie haben 0 Punkte:
Sie sind entweder Otmar Alt, der Maler. Oder Sie haben eine psychische Störung, die Sie vermuten lässt, Sie seien Otmar Alt. Gehen Sie davon aus, dass Sie nicht Otmar Alt sind! Es gibt nur einen Otmar Alt: den Erschaffer der Farblithographie ?Vater, Mutter, Kind? von 1993!
Gehen Sie zum Arzt, außer Sie sind Otmar Alt! Gehen Sie! Los!