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Archiv-Artikel

Wer darf wie viel haben?

betr.: „Verdienen diese Herren zu viel?“, taz vom 24. 7. 04

Das Sommerloch hat ein neues Thema: die Gehälter der deutschen Manager. Lange genug hat man auf die „faulen“ Arbeitslosen geschimpft. Dann waren die Arbeiter dran, die nicht mindestens 40 Stunden in der Woche arbeiten wollen. Jetzt sind die gierigen Manager an der Reihe. Wenn alle verzichten müssen, sollen die auch weniger Geld bekommen. Allerdings hat kein Bandarbeiter bei Daimler und kein Arbeitsloser etwas davon, wenn Herr Schrempp z. B. eine Million Euro weniger bekommt. Das Geld geht dann halt an die DaimlerChrysler-Aktionäre.

Statt scheinheiliger Debatten über die Höhe der Gehälter, sollte man über ihre Besteuerung diskutieren. Wie wäre es mit 60 % Spitzensteuersatz für Jahreseinkommen über eine Million Euro? Selbst wenn dieses Geld nur dafür reicht, den Hartz-IV-Opfern fünf Euro mehr im Monat zu zahlen, wäre dies doch ein kleiner Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit. Aber so konkret werden die Politiker wohl nicht werden wollen. ULRICH SEDLACZEK, München

Die Frage, wie viel ich haben darf, stellt sich jedem Menschen seit frühester Kindheit: Wie viele Legosteine darf ich für meine Burg benutzen, ohne den andern Kindern gegenüber ungerecht zu sein? Wie viel Taschengeld kann ich von meinen wie reichen Eltern verlangen? Die Frage weist immer auf Relationen zu meiner Umgebung und das gerechte Maß hierfür hin. Im Erwerbsleben wird sie auf zwei Faktoren vereinfacht: a) Was leistest du an deinem Platz, und b) welchen Marktwert hat deine Tätigkeit?

Zu a) Ein gewissenhafter Lagerarbeiter und ein gewissenhafter Vorstand leisten jeder das Optimum an ihrem Platz. Es spricht nichts dafür, dass der Lagerist in der Position des Vorstands nur ein Hundertstel von dessen Leistung erbringt und vice versa. Zu b) Die Leistung des Lageristen ist in großen Teilen klar zu quantifizieren, die des Vorstands kaum. (Einen Vorstand nach Börsenwert zu taxieren, ist so sinnvoll, wie einen Kapitän nach Windrichtung und -stärke zu bezahlen.) Da die unklare Position sehr stark mit der Persönlichkeit des Stelleninhabers verknüpft ist, wird das Risiko seines Weggangs immer diffuser und damit schwer kalkulierbar. Je unklarer die Leistungsbeschreibung einer Position, desto höher ist daher ihr Marktwert. So kommt der Vorstand zum Gehalt eines Popstars.

Ein Ausweg findet sich in der Erkenntnis, dass alle Menschen von gleichem Wert und mit großen Potenzialen ausgestattet sind, deren Entfaltung von Gelegenheit und Zufall bestimmt wird. Gehaltsunterschiede machen dann insoweit Sinn, wie sie der Gemeinschaft nutzen. Es ist also für eine Firma sinnvoll, dass der Vorstand mehr verdient als der Lagerist, wenn er die Gesamtheit der Belegschaft damit voranbringt. Der Größe dieses Unterschieds sind damit Grenzen gesetzt, deren Definition die gleiche Fähigkeit zur Selbstbeschränkung und zum fairen Diskurs erfordert, die wir unserem fünfjährigen Sohn im Kindergarten abverlangen.

INGO KLAMANN, Düsseldorf

betr.: „Eigentum verpflichtet“, Leserbrief von Hans-Jürgen Podszuweit, taz vom 28. 7. 04

Seit wann sind Daimler und Siemens private Gewinnmaximierer? Jeder, auch Herr Podszuweit, kann Aktien dieser Firmen kaufen und wird damit Miteigentümer (Aktionär). Sein Beispiel der Sozialisierung, sprich Enteignung, kann er gerne am gelungenen Modell „DDR“ betrachten. […] Von welchem Arbeitgeber bezieht denn Herr Podszuweit sein Gehalt? Muss diese Firma nicht auch gewinnmaximiert arbeiten? Schon mal was von Wettbewerb gehört? Oder leben wir lieber weiter im staatlichen Alimentationsheim, denn: Erst wenn der letzte Fleißige ausgewandert und die letzte Firma pleite ist, werdet ihr merken, das man soziale Gerechtigkeit nicht essen kann.

ALEXANDER KREKEL, München

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